Es ist der 26. von insgesamt 70 Drehtagen der letzten «Neumatt»-Staffel. In einer Drehpause treffen wir Sophie Hutter (34), die in der Serie Sarah Wyss verkörpert, zum Interview. Der Haarschopf lockig-wild, das Lächeln offen und herzlich.
Tele.ch: Grüezi Frau Hutter, wie geht es Sarah?
Sophie Hutter: Gut! Ich würde sagen, sie wagt in der dritten Staffel einen frischen Start. Sie wurde in der vorherigen Staffel mit vielen negativen Dingen konfrontiert, und jetzt ist dieser Ballast ein Stück weit abgefallen. Sie denkt sich: «Okay, da bin ich. Was geht ab?»
Man hatte vor allem zu Beginn der Serie den Eindruck, Sarah sei ständig hässig.
Sarah hatte ja allen Grund, hässig zu sein. Nach und nach kommt sie ihrer Wut auf die Spur und akzeptiert, dass ihr tatsächlich Unrecht widerfahren ist und ihre Wut berechtigt ist. Sie schafft es, das lähmende Hässigsein abzuwerfen, und kann befreit aufbrechen.
«Neumatt» war Ihre erste Serienrolle, und es war das erste Mal, dass Sie sich so lange mit einer Figur beschäftigt haben. Wie war’s?
Es ist ein unglaubliches Glück, da man so viele Möglichkeiten bekommt, in jeden Winkel einer Figur hineinzuschauen. Es ist auch ein Geschenk, weil man dadurch wahnsinnig viel Zeit hat, viele Szenen spielt, viele Episoden dreht und eine ganze Reise mit der Figur mitgehen kann. Es ist nicht nur ein kleiner Ausschnitt aus einem Leben, wie es bei Filmen sonst oft ist.
Ich muss Ihren Dialekt ansprechen, mich irritiert Ihr Solothurnisch total. In «Neumatt» sprechen Sie ja Züritüütsch.
(Lacht.) Ja, genau. Das ist jetzt lustig, denn vor unserem Interview habe ich noch mit meinem Freund telefoniert, und er sagte: «Achtung, Sophie, nicht Zürichdeutsch reden beim Interview!» Das letzte Mal, als wir zusammen bei einer Premiere in Zürich waren und ich interviewt wurde, habe ich plötzlich gemerkt, dass ich Züritüütsch schnurre. Ich dachte, das wär jetzt total komisch, wenn ich mittendrin den Dialekt wechsle, also habe ich für den Rest des Abends weiter in der Zürcher Mundart geschwatzt.
In «Neumatt» sieht man Sie und Ihre Seriengeschwister auf dem Bauernhof melken, misten und vieles mehr. Konnten Sie das schon oder mussten Sie das lernen?
Wir haben zum Glück Werner Locher, einen ganz tollen Bauern, der uns schon seit der ersten Staffel begleitet. Vor den Dreharbeiten zu jeder Staffel verbringen wir jeweils einen bis zwei Tage auf seinem Hof. Dort verrichten wir dann alle Arbeiten, die im Drehbuch stehen, und üben mit ihm.
Das tönt nach einem ziemlich aufwendigen Landwirtschaftcoaching.
Sagen wir es so: Wir haben danach ein wenig Ahnung von der Materie. Aber es ist immer noch ein Film oder eben eine Serie. Am Set ist dann eh immer wieder alles anders. Da gibt es andere Prioritäten, und man kann Handgriffe dann auch mal abändern für eine entsprechende Kameraeinstellung. Aber ich habe wirklich viel gelernt bei Werner Locher. Von Hand melken kann ich mittlerweile richtig gut – und bin stolz darauf (lacht).
«Neumatt» gibt’s ja auch bei Netflix. Haben Sie sich das mal angeschaut, vielleicht in einer anderen Sprache?
Ja klar, ich habe reingehört, zum Beispiel habe ich mir die thailändische Version angeschaut. «Neumatt» wurde ja in dreissig Sprachen synchronisiert, und dass da dreissig Sprecherinnen rund um den Globus ebenfalls die ganze Reisemit Sarah mitgemacht haben, hat mich sehr berührt. Wenn ich das Geld hätte, würde ich diese Frauen alle gern mal einladen.
Werden Sie öfter erkannt, seit «Neumatt» auf Netflix ist?
Ich lebe ja in Deutschland, und dort ist «Neumatt» nicht so verbreitet. Aber hier in der Schweiz freue ich mich, wenn die Leute kommen und sagen: «Hey, ich habe die Serie geschaut!» Das ist sehr schön.
Spüren Sie am Set, dass es die letzte Staffel ist?
Während der Arbeit eigentlich nicht, da muss man stets bereit und konzentriert sein. Abends oder an den Wochenenden denke ich aber manchmal: Okay, schon noch krass. «Neumatt» begleitet mich fast vier Jahre, und die Vorstellung, dass nachher alles einfach vorbei ist, ist seltsam.
Sarahs Haare werden in jeder Staffel länger. Was passiert mit der Mähne nach der letzten Klappe?
Das Ding ist ja, dass ich nicht ganz frei über meine Haare entscheiden kann. Es kommt darauf an, was für eine Figur ich als Nächstes spiele. Das ist das Gemeine in diesem Job: Die Haare gehören dir nicht immer selber. Aber das verrate ich Ihnen: Bei der ersten «Neumatt»-Staffel habe ich mir die Haare nach dem letzten Drehtag komplett abrasiert. Das war sehr befreiend.
Hier gibt es Details zur 3. und letzten Staffel von «Neumatt».
SRF 1 | Dramaserie | 3. Staffel
Mit Sophie Hutter, Julian Köchlin, Jérôme Humm
CH 2024, ab 13. Oktober 2024