Die Idee ist so bestechend wie kühn: In einer alternativen Version unserer Geschichtsschreibung erzählt die Dramaserie «For All Mankind» (Apple TV+) die Ereignisse um die erste Mondlandung 1969 neu. Nicht die Amerikaner, nein, die Russen sind es, die als erste Nation auf dem Mond landen und dort ihre Fahne in den Boden rammen. Welch eine Schmach für die Nasa und das ganze Land!
Verzweifelt versucht Houston, den Rückstand aufzuholen, doch die Sowjets sind stets einen Schritt voraus und schicken gleich auch die erste Frau auf den Erdtrabanten. Daneben verblasst Mission Apollo 11, die auch Astronauten auf dem Mond herumhüpfen lässt, komplett.
Die erste Staffel der Serie von Produzent Ronald D. Moore («Battlestar Galactica») überzeugte durch erstklassige Weltraumbilder und das detailgetreue Dekor der späten 60er. Ein weiteres dickes Lob verdankt die Serie dem Drehbuch, das nicht nur dem Wettlauf im All, sondern auch seinen Figuren und ihren persönlichen Dramen viel Raum gibt. Allen voran Astronaut Edward Baldwin (Joel Kinnaman), den – gestrandet auf der Mondstation Jamestown – ein fürchterlicher Schicksalsschlag von zu Hause ereilt. Auch Astronautenkollege Gordo Stevens (Michael Dorman) hat sein Päckchen zu tragen, zumal ihm seine Gattin Tracy im Nasa-Programm den Rang abläuft.
Es ist auffällig, wie viele starke Frauen sich im männerdominierten Nasa-Universum behaupten können. Auch die Story von Margo Madison (Wrenn Schmidt), der ersten weiblichen Ingenieurin auf einem Mission-Control-Sessel, bleibt beim Zuschauer haften. Überhaupt ist «For All Mankind» vollgepackt mit vielen persönlichen Geschichten und Dramen. Doch anders als bei der eher misslungenen Sci-Fi-Serie «Away» (Netflix) mit Hilary Swank gerät hier die Raumfahrerei nie in den Hintergrund, sondern bleibt der wichtigste Handlungsstrang der Story.
Nun startet die zweite Staffel. Sie setzt eine Dekade später ein: Wir schreiben das Jahr 1983, der Kalte Krieg erhitzt die Gemüter. Der Wettkampf um die Vormacht auf dem Mond hat eine neue Dimension erreicht. Auf Geheiss des US-Präsidenten Ronald Reagan wird das Wettrüsten mit den Russen bis auf den Mond ausgedehnt. Es droht sogar ein nuklearer Krieg – vom Erdtrabanten aus. Die Helden der ersten Staffel sind immer noch da, mit neuen Aufgaben: Edward Baldwin beispielsweise ist nun Ausbildner bei der Nasa, und Margo Madison leitet die Mission.
Der Zeitsprung von rund zehn Jahren ist filmtechnisch durchaus reizvoll. Er bietet nicht nur die Möglichkeit, mit Rückblenden die zeitliche Lücke zu füllen, sondern auch, optisch in eine neue Ära einzutauchen.
Und die 80er-Jahre haben ohne Zweifel einiges zu bieten. Das beweist schon der Trailer zur zweiten Staffel, der einem einen altbekannten Ohrwurm tief in den Gehörgang pflanzt: «Sweet Dreams Are Made of This …» vom Pop-Duo Eurythmics.
Apple TV+ | Dramaserie | 2. Staffel | USA 2021
Mit Joel Kinnaman, Michael Dorman, Shantel VanSanten. Jeden Freitag 1 neue Folge
Bestechend gut gemachte Reise durch Raum und Zeit
ab 19. Februar