Mit einer Magnitude von 9,1 war das verheerende Seebeben vor der indonesischen Insel Sumatra am 26. Dezember 2004 das drittstärkste je gemessene Beben. Die dadurch ausgelösten Flutwellen forderten an den Küsten rund um den Indischen Ozean 230 000 Tote.
Vor dem Hintergrund dieser Naturkatastrophe erzählt die ZDF-Serie «Die zweite Welle» eine fiktive Geschichte, die durchaus so hätte passieren können. Sie handelt von Betroffenen, die 15 Jahre danach nicht nur von ihrem Trauma eingeholt werden, sondern deren Netz aus Lügen regelrecht zerfetzt wird.
Es beginnt in der thailändischen Ferienregion Khao Lak, wenige Tage vor den folgenschweren Ereignissen. Julia (Luise Bähr) und ihr Ehemann Harry (Johann von Bülow) wollen hier mit ihrer kleinen Tochter Noa und ein paar Freunden Weihnachten verbringen. Doch es sind nicht nur Sonne, Sand und Strand, die sie aus dem winterlichen Bonn hierher gelockt haben: Julia hofft, sich mit ihrer Schwester Alexandra (Karoline Schuch) zu versöhnen. Die ist vor Jahren nach Thailand abgehauen, wo sie sich verliebte und eine kleine Familie gegründet hat.
Doch beim Wiedersehen an Heiligabend kommt es zum Eklat: Zu gegensätzlich sind die aufeinanderprallenden Welten. Julia und Alexandra wollen zwei Tage später einen weiteren Versuch der Aussprache wagen. Doch es ist zu spät.
Auf einer Anhöhe muss Harry mit ansehen, wie eine Flutwelle die Hotelanlage überrollt, in der er und seine Familie untergebracht sind. Während Harrys Tochter Noa den Tsunami überlebt, fällt ihm seine Frau Julia zum Opfer. Auch Alexandra, ihr Mann und deren Tochter werden mitgerissen.
Einige Figuren sind so schemenhaft gezeichnet, dass eine Identifikation mit ihnen nur phasenweise bis gar nicht gelingt.
Zeitsprung. 15 Jahre später klingelt es an Harrys Haustür in Deutschland. Er traut seinen Augen nicht: Vor ihm steht Alexandra! Während sich Harrys Tochter Noa (Meira Durand), inzwischen ein Teenager, freut, eine Verwandte ihrer verstorbenen Mutter kennenzulernen, ist er über die Heimkehr der Totgeglaubten so erschüttert, dass er sich auf der Stelle übergibt.
Wo war seine Schwägerin in all den Jahren? Was will sie hier? Und vor allem: Was, wenn sie herausfindet, was damals wirklich in Thailand geschah? Alexandra, die die letzten Jahre in einem thailändischen Gefängnis sass und davon schwer gezeichnet ist, bittet Harry um finanzielle Hilfe. Er ist sichtlich erleichtert, dass sie nur an Geld interessiert ist, und bietet ihr unverhofft 10 000 Euro an.
Doch das weckt Alexandras Misstrauen erst recht. Was hat Harry zu verbergen? Als sie nach kurzer Nachforschung hinter das erste dunkle Geheimnis kommt, rollen die Wut und der Schmerz über 15 verlorene Jahre über sie hinweg. Wie eine zweite Welle. Diese droht auch andere mit ins Verderben zu reissen.
In Anbetracht der realen Tragödie von 2004 geht einem die Miniserie sehr nahe. Das Elend, das die vielen Menschen ertragen mussten, wird wieder hochgespült und überflutet einen geradezu. Leider rutscht der Plot an manchen Stellen ins Klischeehafte ab. Und einige Figuren sind so oberflächlich und schemenhaft gezeichnet, dass ihr Verhalten schwer nachvollziehbar ist. Eine Identifikation mit ihnen gelingt daher nur phasenweise bis gar nicht.
Eine Ausnahme bildet Alexandra, wenn sie sich aus der Opferrolle schält und zur unbarmherzigen Rächerin mutiert: Karoline Schuch gibt die verbitterte, verzweifelte Frau mit so ungeheurer Intensität und so abstossend unsympathisch, dass sie sämtliche ihrer Kolleginnen und Kollegen an die Wand spielt.
ZDF | Drama-Miniserie | B/D 2023
Mit Johann von Bülow, Karoline Schuch, Tim Bergmann, Ursula Strauss
Mi., 27. Dezember 2023, 22.15 Uhr (1–3/6)
Do., 28. Dezember 2023, 22.15 Uhr (4–6/4)
Alle Folgen ab sofort auch in der ZDF-Mediathek