Stolz und fast schon herablassend führt Gion Durisch (Marco Luca Castelli) seine Nichte durch sein Medienhaus. «Hier arbeitet die Redaktion der ‹Bündner Zeit›. 80 Mitarbeiter, 70 000 Auflage. Wir bedrucken vier Tonnen Papier. Jeden Tag.» Doch Ladina (Annina Hunziker) zeigt sich wenig beeindruckt vom Imponiergehabe ihres Onkels. Die Zukunft sei sowieso digital.
Medias Grischunas, das grösste Medienhaus im Kanton Graubünden, gehören der einflussreichen Verlegerfamilie Durisch. Als der Gründer und Patron Gion-Peder Durisch (Elmar Deflorin) unerwartet stirbt, übernimmt sein Sohn Gion den Laden. Der holt gleich den Sparhammer heraus und will die unrentable Zeitung «Posta» einstampfen.
Doch Gion hat die Rechnung ohne Papas Letzten Willen gemacht. Die «Posta» ist die letzte rätoromanische Zeitung der Schweiz und war Gion-Peders Herzensprojekt. In weiser Vorausahnung vermachte er seiner Enkelin Ladina einen Anteil des Medienhauses und beförderte sie posthum zur Chefin der «Posta».
Ladina passt das zuerst gar nicht in den Kram. Ihrem Heimatkanton hat sie längst den Rücken gekehrt und in Zürich den Kampf für Klima- und Tierschutz sowie gegen alte, weisse Männer aufgenommen. Und jetzt soll sie «diese antiquierte Zeitung» leiten? Andererseits geht ihr Onkel Gions narzisstisches Gehabe so auf die Nerven, dass sie sich durchringt, das Erbe ihres Grossvaters anzutreten.
Das löst innerhalb der Familie einen erbitterten Machtkampf aus. Zudem verprellt sie die konservativen, aber wirtschaftlich überlebenswichtigen Inserenten, indem sie dezidiert linke Meinungsartikel in der «Posta» publiziert. So findet sich die junge Frau bald in einem Sumpf aus Missgunst und Intrigen.
Hinter der Geschichte um die Verlegerfamilie Durisch vermuten Branchenkenner einen unverhohlenen Seitenhieb auf Hanspeter Lebruments Somedia, das grösste Medienhaus der Südostschweiz. Adrian Perez, Regisseur und Co-Autor von «L’ultim Rumantsch», winkt ab: «Somedia hatten wir bei der Entwicklung der Serie wirklich nicht auf dem Schirm. Ausserdem wollten wir ja nicht eine Biographie abschreiben, sondern eine neue Geschichte erzählen.» Man habe aber tatsächlich einige Szenen in den modernen Büroräumlichkeiten der Somedia in Chur drehen dürfen.
Auf die Frage, ob «L’ultim Rumantsch» als Votum für die rätoromanische Kultur und Sprache verstanden werden soll, reagiert Perez zurückhaltend. «Das kann man so sehen. Aber eigentlich wollen wir den Ball dem Publikum zuspielen. Es soll selber entscheiden, was es bedeutet, eine Kultur wie die rätoromanische in der Schweiz zu haben. Wir wollen weder Lehrer spielen noch den Mahnfinger heben.» Im Grunde gehe es um Alt gegen Neu. Um Tradition gegen Moderne.
Und in dieser Hinsicht prallen die zwei passionierten Hauptdarsteller so rabiat aufeinander, dass es eine wahre Freude ist. Und dies erst recht, wenn man weiss, dass weder Elmar Deflorin noch Annina Hunziker von Haus aus Romanisch können. «Annina, die in Chur aufwuchs, hat ihre Zeilen punkto Aussprache und Akzentuierung perfekt gelernt», schwärmt Adrian Perez.
Da Rätoromanisch sprechende Schauspielerinnen und Schauspieler dünn gesät sind, griff man für die Nebenrollen auch auf Laien zurück, was sich da und dort bemerkbar macht. Das wär’s dann aber schon, was es zu kritisieren gibt.
Die fünfmal 30 Minuten bieten so kurzweilige wie lehrreiche Unterhaltung, die viele brisante Themen unserer Zeit aufgreift. Der Mix zwischen Schweizerdeutsch und dem rätoromanischen Idiom Sursilvan (deutsch untertitelt) ist ausgewogen und verpasst der Serie eine schöne Portion Lokalkolorit. In cumpliment al giuven team entuorn Adrian Perez!
SRF 1 | Dramaserie
Mit Annina Hunziker, Marco Luca Castelli, Elmar Deflorin
So., 21. Januar 2024, 18.15 Uhr (1/5); wöchentlich
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