Grosses Ego trifft auf hohen IQ

Zum Grundrezept einer erfolgreichen Krimireihe gehören in der Regel zwei Ermittler. Sie sollten unterschiedliche Talente und Eigenschaften haben, das gibt der Handlung zusätzliche Würze.Kein Wunder, waren und sind diese Duos alle auch heute noch beim Fernsehpublikum beliebt: Derrick und Harry, Holmes und Watson, Magnum und Higgins, Thiel und Boerne, Starsky und Hutch, Michael Knight und K. I. T. T. – und wie sie alle heissen.

In der schwedischen Krimiserie «Detective No. 24» (im Original «Detektiven från Beledweyne») treffen nun zwei besonders gegensätzliche und äusserst ungewöhnliche Ermittler aufeinander. Insbesondere Tilda Renström (Malin Levanon) passt in so gar kein gängiges Krimischema. Die einstige Staatsanwältin ist chaotisch und impulsiv. Sie nimmt es mit den Vorschriften nicht so genau, fährt mit ihrem Auto stets viel zu schnell, guckt gerne zu tief ins Glas und lügt ständig, ohne rot zu werden.

Wohl auch deshalb hat Tilda ihren Job bei der Staatsanwaltschaft verloren und arbeitet nun als Betreuerin in einer Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete im schwedischen Ort Karkebo nördlich von Uppsala. Die ungestüme Tilda hadert mit ihrer Degradierung – vor allem auch, weil ihr Vater einst ein renommierter Staatsanwalt war und ihre Schwester, eine Strafverteidigerin, stets hämisch mit dem Finger auf sie zeigt. Tilda, eine reife Frau, die immer noch gerne Papas Prinzessin sein möchte.

Eines Tages verschwindet die 15-jährige Anna, ihr Fahrrad wird in der Nähe der Flüchtlingsunterkunft gefunden. Als Polizei und Presse auftauchen, drängelt sich Tilda vor die Kameras und gibt vor, die Ermittlungen zu leiten – in der Hoffnung, ihren Job als Staatsanwältin zurückzubekommen. Die Cops aus Uppsala sind gar nicht erfreut über Tildas Einmischung.

Tilda bekommt unerwartete Hilfe: Einer der Flüchtlinge, ein Somalier (Nasir Dhagole), gibt ihr unaufgefordert Hinweise über den möglichen Verbleib von Anna. Anfangs lacht Tilda den schüchternen Mann aus. Sie kennt nicht einmal seinen Namen, nennt ihn immer nur «Nummer 24», weil dies seine Zimmernummer ist. Schliesslich erfährt sie von ihm, dass er Ibraahin heisst. Und sie realisiert auch, dass er unfassbar intelligent ist und eine besondere Gabe hat, wenn es ums Aufklären von Verbrechen geht. Also sorgt sie bei der schwedischen Einwanderungsbehörde dafür, dass Ibraahin vorerst nicht nach Somalia abgeschoben wird.

«Detective No. 24» lebt von seinen beiden Hauptfiguren: hier die temperamentvolle, aber durchaus humorvolle Karrieristin, dort der stille Kriegsversehrte. Aron Levander, der Drehbuchautor und Regisseur der Serie, war sofort begeistert, als er das erste Casting-Video von Nasir Dhagole sah: «Wir brauchten jemand Ruhiges mit einer starken Präsenz, der einen Kontrast zu Tildas Urgewalt bieten kann.» Da passte Nasir perfekt.

Privat ein passionierter Dichter mit Bühnenerfahrung, kam Nasir einst selber als Flüchtling nach Schweden, vorher hatte er als Lehrer in Mogadischu gearbeitet. Seine Vergangenheit ist traumatisch, so ist auch seine auffällige Augenverletzung nicht etwa für die Serie aufgeschminkt, sondern echt. Nach einem Schauspielworkshop bekam der Newcomer die Rolle in «Detective No. 24».

Obwohl die Flüchtlingsthematik im Vordergrund steht, dreht sich in der Serie nicht alles um Ibraahin, der in Schweden Fuss zu fassen versucht. Aron Levander: «Wir zeigen unsere Vision des schwedischen Migrationssystems mit all seinen Makeln, erzählt mit einem packenden Krimiplot.» Stimmt. Und einer gehörigen Prise Humor.