Staffel zwei einer Serie zu schauen, von der man die erste Staffel nicht kennt, ist sinnlos? Ach was! Im Fall der Thrillerserie «The Tourist» macht das durchaus Sinn, schliesslich hat die Hauptfigur Elliot ebenfalls keinen blassen Schimmer von seiner Vergangenheit.
In Staffel eins irrte Elliot (Jamie Dornan) durch Australien. Nach einem heftigen Autounfall war er im Spital aufgewacht und konnte sich an nichts mehr erinnern. Im Verlauf der sechs Episoden erlangte er sein Gedächtnis bruchstückhaft zurück. Dabei realisierte er auch, dass der Unfall kein Unfall, sondern Absicht gewesen war. Dies auch deshalb, weil ständig weitere Attacken auf ihn verübt werden.
Die schwarzhumorige Serie ist eine Co-Produktion von HBO und BBC, die bei Publikum und Kritik hervorragend ankam. In England war «The Tourist» gar die meistgesehene Serie des Jahres 2022. Eigentlich war sie als Miniserie konzipiert, doch nach dem grossen Erfolg wurde entschieden, eine zweite Staffel nachzuschieben. Et voilà!
Hiess die Serie in der ersten Staffel noch «The Tourist – Duell im Outback», so lautet ihr Name nun «The Tourist – Irisches Blut». Elliot hat nämlich einen Brief aus Irland bekommen, auf dem er als junger Mann zu sehen ist, neben ihm posiert ein gewisser Tommy. Also reisen er und seine Freundin, die australische Polizistin Helen (Danielle Macdonald), auf die grüne Insel, um Tommy zu treffen. Elliot hofft, durch Tommy zu erfahren, wer er genau ist und ob er noch irgendwo Familie hat.
Das Treffen mit Tommy entwickelt sich – vorsichtig ausgedrückt – anders als erwartet: Elliot wird entführt, worauf Helen Hilfe beim lokalen Polizisten Ruairi Slater (Conor MacNeill) sucht. Der ist aber wenig hilfreich, denn offenbar kuschen hier alle vor dem blutrünstigen Gangsterclan der McDonnells. Sie sind es auch, die Elliot entführt haben. Und das ist erst der Anfang der Geschichte.
Was folgt, ist eine irrwitzige Verfolgungsjagd inmitten eines blutigen Bandenkriegs; ein Versteckspiel, bevölkert von hinterwäldlerischen Spinnern und biestigen Weibern. Das raue Klima auf der Insel hat anscheinend auf die Einwohnerschaft abgefärbt.
«The Tourist – Irisches Blut» ist ein einziger, grosser Spass. Zwar wird’s blutig und brutal, aber gleichzeitig punktet die Thrillerserie mit makabrem, tiefschwarzem Humor und schrulligen Typen. Man kann sich kaum entscheiden, welche Figur die schrägste ist. Vielleicht der talentfreie Ermittler Ruairi Slater, der in seinem Keller Haarsträubendes versteckt? Oder ist es eher Helens supernerviger Ex-Freund Ethan (zum Schreien: Greg Larsen), der Seminare gegen toxische Männlichkeit leitet und seiner Verflossenen ans andere Ende der Welt nachreist?
Den Unterhaltungswert weiter in die Höhe schraubt die Musik: Songs wie «Don’t Get Me Wrong» von den Pretenders, Roxettes «Listen to Your Heart» oder auch Billy Joels «Piano Man» werden prominent eingesetzt, viel zu laut und viel zu lange abgespielt. Da muss man einfach mitsummen. Bei all der ausgelassenen Stimmung wäre es daher jammerschade, wenn es nicht irgendwann auch noch eine dritte Staffel von «The Tourist» geben würde.
Thrillerserie, wöchentlich Doppelfolgen, Montag, 3. Juni, 22.15 Uhr, ZDF