Arno Funke hockt in der Sackgasse. Der Enddreissiger vertut sich in einer abgerissenen Berliner Motorradwerkstatt als Airbrush-Maler und lässt die Arbeitstage stoisch an sich vorbeiziehen. Dass er stets knapp bei Kasse ist, ein erhebliches Alkoholproblem hat und die Lackdämpfe, die er täglich inhaliert, sein Gehirn zusätzlich schädigen, nimmt er hin – wenn auch nicht immer ganz gleichgültig.
Eines Feierabends, Arno drückt sich gerade wieder mal eine Knarre an die Schläfe, um seinem Dasein ein Ende zu bereiten, hat er eine Vision: Sein längst verstorbener Vater ermahnt ihn zeternd, sein Leben endlich auf die Reihe zu kriegen. Wenn’s sein muss, halt auf illegalem Weg. Damit fällt der Startschuss zu einem der spektakulärsten und aufsehenerregendsten Kriminalfälle Deutschlands, der im Mai 1988 im damaligen Westberlin beginnt.
Was sich wie der Klappentext eines Kriminalromans liest, ist tatsächlich so passiert. Arno (gespielt von Friedrich Mücke) erpresst das noble Warenhaus KaDeWe. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, lässt er im Shoppingtempel eine selbstgebastelte Bombe hochgehen und diktiert per Telefon – mit Hilfe eines Sprachcomputers – die Vorgehensweise zur Übergabe des Geldes. Trotz Bombe, die er bewusst nachts explodieren lässt, um möglichst keine Menschen zu gefährden, ist Arno Gewalt zuwider. Bei einem Banküberfall etwa einer realen Person eine Pistole ins Gesicht halten – das würde er niemals über sich bringen. Das Kaufhaus zahlt jedenfalls die geforderten 500 000 D-Mark. Fall erledigt und vergessen.
Vier Jahre später detoniert in einer Karstadt-Filiale in Hamburg erneut eine Bombe. Diesmal fordert der Erpresser eine ganze Million und droht mit weiteren Anschlägen, sollte der Konzern nicht zahlen. Natürlich steckt da wieder Arno dahinter, der die erpresste halbe Million im Ausland verprasst hat und wieder Kohle braucht. Doch nun läuft es nicht mehr nach Plan. So mühelos wie beim ersten Mal soll Arno Funke, der mittlerweile unter dem Pseudonym «Dagobert» auftritt, nicht mehr an sein Erpressergeld rankommen.
Die Hamburger Polizei baut eine stattliche Sondereinheit auf. Hunderte Beamte werden auf den Fall angesetzt, im Laufe der Jahre sind es insgesamt sogar über tausend. Doch Dagobert ist der Polizei stets einen Schritt voraus – dank seinen ausgeklügelten Übergabe-Utensilien und seinem planerischen Talent.
Ein sechs Jahre dauerndes Katz-und-Maus-Spiel zwischen Erpresser und dem Polizeiapparat entbrennt.
Die Folge davon ist ein sechs Jahre dauerndes Katz-und-Maus-Spiel zwischen Erpresser und dem Polizeiapparat. Er führt die Geldübergaben immer so kreativ und unvorhersehbar durch, dass er sie jedes Mal unbeschadet übersteht. Weil er dabei die Obrigkeit tüchtig an der Nase herumführt, steigt er zum gefeierten Medienstar auf und lässt die Polizei in einem immer schlechteren Licht dastehen. Wie «Der nette Erpresser von nebenan» (Zitat «Bild») 1994 überführt wird, sei hier nicht verraten. Man spürt aber, dass das Ende für die Polizei, aber auch für Dagobert einer Erlösung gleichkommt.
Arno Funke, heute 74 Jahre alt, war bei der Produktion der Serie «Ich bin Dagobert» dabei und hat die Macher umfangreich beraten. So lernen wir auch den Menschen hinter dem schillernden Verbrecher kennen: einen hochbegabten, im Grunde herzensguten Mann, der oft am Abgrund stand, sich aber stets einen Funken Zuversicht bewahrte.
Was RTL mit dem Sechsteiler «Ich bin Dagobert» abliefert, ist Serienhandwerk höchster Güte mit hohem Suchtpotenzial. Ausgestrahlt werden die sechs Folgen auf dem RTL-Spartensender Nitro. Und zwar alle am Stück. Abrufbar sind sie gleichzeitig auch auf dem Streamingdienst RTL+.
Nitro | Miniserie
Mit Friedrich Mücke, Misel Maticevic, Moritz Führmann
Montag, 7. Oktober 2024, 20.15 Uhr
Alle sechs Folgen am Stück