«Sie war eine Wegbereiterin für viele Athletinnen»

Gertrude Ederle durchschwamm 1926 als erste Frau den Ärmelkanal. «Die junge Frau und das Meer» ist die Verfilmung ihrer eindrücklichen Lebensgeschichte, mit der stark aufspielenden Daisy Ridley («Star Wars») in der Hauptrolle. Als Produzent waltete Jerry Bruckheimer, der sich in Hollywood einen Namen für grosse Actionprojekte gemacht hat. Tele.ch sprach mit ihm über den Film – und ob er mit 80 Jahren ans Kürzertreten denke.

Tele.ch: Sie sind ein langjähriger Film-Trendsetter. Was hat Sie an diesem Projekt speziell gereizt?

Jerry Bruckheimer: Es geht mir immer um die Geschichte. In diesem Fall suchte der Drehbuchautor Jeff Nathanson nach einem Stoff, den er mit seinen Töchtern anschauen konnte. Da er nichts fand, ging er in einen Buchladen und entdeckte diese Story, die er mir dann anbot. Wir hatten zuvor schon bei «Pirates of the Caribbean 5» zusammengearbeitet.

Was macht die Meisterschwimmerin Gertrude Ederle so besonders?

Sie war eine Wegbereiterin für viele Athletinnen. Sie zeigte, dass man als Frau nicht nur in der Küche stehen soll, sondern dass man auch alle Männer-Schwimmrekorde um zwei Stunden schlagen kann – allen Widerständen zum Trotz. Die Test-Screening-Reaktionen waren phänomenal.

Und was macht Daisy Ridley zur Idealbesetzung?

Sie ist gross, hat breite Schultern, und man nimmt ihr ab, eine gute Schwimmerin zu sein. Sie hat drei Monate im Wasser trainiert für diese Szenen.

Wie verlief der Dreh unter Wasser?

Schwierig. Man hat Strömungen, und das Boot bewegt sich immer wieder in eine andere Richtung, was die Kontinuität erschwert. Auch das Wetter ändert ständig. Zudem gibt es viele Wiederholungen, bis die Szene perfekt ist. Aber Daisy hat sich durchgebissen.

Warum haben Sie in Bulgarien gedreht?

Dort gibt es viele Studios, grossartige Handwerker und erfahrene Crew-Mitglieder. Zudem sind die Kosten für Kulissen viel tiefer. Letztlich geht’s ja immer auch ums Budget: Wo kriegst du den grössten Knall für deine Kohle?

Haben Sie von der Konkurrenzproduktion «Nyad» gehört, einer ähnlichen Geschichte auf Netflix?

Ja klar. Ich habe den Film zwar nicht gesehen, aber es gibt genug Raum für zwei Filme. Mir wurde gesagt, dass die Handlungen völlig verschieden seien.

Wie geht es der US-Filmindustrie momentan?

Nun, wir hatten die Pandemie, zwei Streiks, und es gibt einen möglichen neuen Streik Ende Juli. Aber der letzte Sommer hat mit «Barbie» und «Oppenheimer» gezeigt, dass die Menschen immer unterhalten werden wollen und wieder ins Kino gehen. Auch «Top Gun: Maverick» hat wunderbar funktioniert.

Sind Fortsetzungen einfacher zu produzieren als Originale?

Ganz klar: Sequels sind einfacher. Die Entstehungsgeschichte dieser Romanverfilmung dauerte 9 Jahre.

Gibt es einen Unterschied für Sie zwischen Streaming- und Kinoproduktionen?

Das Kino ist ein Gruppenerlebnis, das mag ich sehr. Wir haben zwar alle eine Küche zu Hause, gehen aber für ein gutes Essen gerne aus. So ist es auch beim Kino. Für mich als Produzent spielt es aber letztlich keine Rolle. Ich habe soeben «Beverly Hills Cop 4» für Netflix produziert – in derselben Qualität wie «Young Woman and the Sea».

Werden Sie je kürzertreten?

Nein, das ist kein Thema für mich. Ich liebe die Filmproduktion noch immer über alles. Zurzeit produziere ich den Formel-1-Film «F 1» mit Brad Pitt und Javier Bardem. Das ist faszinierend. Und ich kann viel dabei lernen.