Die Geschichte von Kaiser Franz Joseph und seiner Elisabeth wurde schon oft verfilmt. Die Netflix-Serie «Die Kaiserin» setzte 2022 neue Massstäbe und liess mit viel Wucht, Mut und Tiefgang alle Erinnerungen an die brave Sisi verblassen. Publikum und Kritiker waren so begeistert, dass die Geschichte weitererzählt wird. TELE sprach mit Elisabeth-Darstellerin Devrim Lingnau (26) und ihrem kaiserlichen Seriengemahl Philip Froissant (30) über Erfolg, neue Chancen und künstlerische Freiheiten bei historischen Stoffen.
tele.ch: Gratulation, die Serie hat eingeschlagen wie eine kaiserliche Bombe. Wie haben Sie das erlebt?
Devrim Lingnau Wir haben einen internen Chat, wo wir uns auf dem Laufenden halten und uns gegenseitig fröhliche Sachen posten. Dort erfuhren wir auch von den ersten «Kaiserin»-Zahlen, als sie rauskamen, oder dass wir den internationalen Emmy gewonnen hatten.
Philip Froissant Als die Serie damals gelauncht wurde, hat man in den ersten Wochen gemerkt, was auf Instagram alles passiert ist. Da habe ich realisiert: Wow, das scheint wirklich vielen Leuten zu gefallen und sie zu berühren. Das war ein tolles Gefühl.
Und dann kam sogar noch ein Emmy obendrauf.
Lingnau Man darf dabei nicht vergessen, dass das der internationale Emmy ist. Also nicht der «Emmy-Emmy» (lacht). Aber das ist natürlich trotzdem eine tolle Auszeichnung!
Froissant Wir haben bei den Dreharbeiten oft rumgealbert, also nur unter uns zweien so rumgeeiert: «Ja, ja, wir gewinnen einen Emmy!» (Lacht.) Und als es dann passierte, war es total surreal. Wir konnten es zuerst gar nicht glauben.
Reden wir über Staffel 2. Es ist Zeit ins Land gezogen, Elisabeth und Franz Joseph sind Eltern, wirken aber immer noch frisch verliebt.
Lingnau Wir durften sehr viel Zeit miteinander verbringen und kennen uns deswegen natürlich einfach sehr gut. Und das nicht nur als Franz und Elisabeth, sondern auch als Devrim und Philip. Wir haben schon einiges miteinander erlebt in den letzten zwei, drei Jahren. Das hilft dann auch, so eine Beziehung zu erzählen, mit all ihren Höhen und Tiefen.
Froissant Wir haben uns da gemeinsam durchgehangelt, auch wenn es mal schwere oder lange Drehtage waren. Und gerade in der zweiten Staffel lastet nun so viel Druck auf dieser Beziehung. Man sieht, wie die zwei sich zusammenraufen und mit ihren Kindern eine Familie und damit einen Zufluchtsort geschaffen haben, wo sie abseits von diesem gnadenlosen Hof Mensch sein können.
Gnadenloser Hof trifft es gut: Das Kaiserpaar ist nicht zu beneiden.
Lingnau Franz und Elisabeth führen ja nicht nur eine private, romantische Beziehung, sondern auch eine politische. Sie müssen als Repräsentant und Repräsentantin eines Reiches irgendwie funktionieren. Das ist natürlich eine Doppelbelastung für eine Beziehung.
Sie verkörpern historische Figuren. Gibt es da dennoch gewisse Freiheiten in der Interpretation?
Lingnau Der Spielraum ist gross. Ich finde, Elisabeth ist eine interessante historische Figur, aber es geht auch immer um den Puls der Zeit. Was ist am Stoff heute noch interessant? Was denken junge Frauen, die sich das anschauen? Welchen Struggle erlebe ich als junge Frau? Mir geht es da viel mehr um einen aktuellen Diskurs als ums Herantasten, wie das wohl war im 19. Jahrhundert.
Froissant Es ist auch immer eine Mischung verschiedener Ansätze: Was ist im Buch vorgegeben? Was gibt die Historie vor? Und was liegt dazwischen? Wir hangeln uns da gewissen Ankerpunkten der jeweiligen Biographien entlang, bringen aber alle auch selber was mit rein in die Rollen. Das fängt schon beim Casting an, wie man ausgesucht wird für eine Figur. Da ist eine Vorstellung von den Machern da, aber auch eine eigene. Ich merke immer ganz schnell,ob ich etwas von dieser Rolle in mir trage und ob ich sie weitererzählen kann oder nicht.
Dann ist «Die Kaiserin» eigentlich auch eine moderne Geschichte?
Lingnau Ich denke schon. Zum Beispiel das Thema Kindsverlust, von dem Franz und Elisabeth betroffen sind. Oder auch Unfruchtbarkeit oder Kinder, die vor der Geburt sterben – wie geht man damit um? Wie machen wir diese Themen transparent, um sie aus dieser tabubesetzten Ecke herauszuholen? In dieser Serie benennen und zeigen wir das, obwohl es ein riesiges gesellschaftliches Tabu ist, über diese verlorenen Kinder zu reden. Umso wichtiger finde ich es, dass wir das Thema aus
dieser schambesetzten Zone rausholen. Man sollte offen darüber reden dürfen.
Das Kaiserpaar ist unter Druck: Ein männlicher Thronfolger muss her, um die Zukunft des Hauses Habsburg-Lothringen zu sichern! Kaiser Franz Joseph (Philip Froissant) und Kaiserin Elisabeth (Devrim Lingnau) haben bereits eine Tochter namens Sophie, auch «Finchen» genannt. Kaisermutter und Erzherzogin Sophie (Melika Foroutan) macht unmissverständlich klar, dass Knaben mehr zählen als Mädchen. Also will sie Elisabeth kontrollieren und für ihre Zwecke einsetzen. Und Franz, der um den Erhalt eines zerfallenden Reiches kämpft, findet sich einmal mehr im Konflikt zwischen den Zwängen der Krone und der Liebe zu seiner aufbegehrenden Frau. Derweil droht an der politischen Front Unheil aus dem Süden: In der Lombardei erstarkt eine Unabhängigkeitsbewegung, es droht
ein Krieg gegen die Aufständler. Ausgerechnet da schlägt das Schicksal zu und erschüttert Franz’ und Elisabeths Welt.
Netflix | Dramaserie | 2. Staffel | ab 22. November 2024