Wie sieht die Zukunft aus? Wie werden sich Menschen, Gewohnheiten, die Technik und die Erde verändern? Seit jeher ist der Mensch fasziniert von solchen Fragen und Zukunftsvisionen. Mit «Tribes of Europa» präsentiert Philip Koch eine Hypothese, wie unser Planet in 50 Jahren aussehen könnte. Sie ist alles andere als prickelnd.
Nachdem im Jahr 2029 ein globaler Blackout die Erde in totale Finsternis hüllt, zerfällt Europa in hunderte Mikrostaaten. Jeder einzelne dieser sogenannten Tribes entwickelt sich fortan individuell weiter. Die Origines leben in Einklang mit der Natur, während die Atlantier auf fortgeschrittene Technologie setzen. Die Crimsons bilden einen Militärstaat, der sich für den Erhalt des Kontinents einsetzt, und die Crows setzen auf ein diktatorisches System mit dem Hauptziel, alle anderen Stämme zu unterwerfen. So weit, so gut.
Als 2074 ein atlantischer Pilot im Wald abstürzt und einen Cube verliert, entbrennt ein Krieg zwischen den Tribes um den mysteriösen Würfel. Der soll die ultimative Technologie enthalten, die dem Besitzer automatisch die Weltherrschaft sichert.
Die Geschwister Liv (Henriette Confurius), Kiano (Emilio Sakraya) und Elja (David Ali Rashed) vom Stamm der Origines geraten mitten in den globalen Konflikt. Sie werden brutal voneinander getrennt und müssen sich fortan alleine durchschlagen – verfolgt von Lord Varvara (Melika Foroutan), die sich den Cube unter den Nagel reissen will. Die Ereignisse folgen Schlag auf Schlag. Bereits nach wenigen Minuten ist der atlantische Raumschiff-Absturz passé, und «Tribes of Europa» nimmt Fahrt auf. Es gelingt den Regisseuren Philip Koch und Florian Baxmeyer («Tatort»), über kleine Schwächen hinwegzugleiten und sofort die drei unterschiedlichen, allesamt spannenden Hauptstränge zu legen. Auch die Charaktere entwickeln immer mehr Tiefgang. Allen voran Varvara, die im strammen Leder-Outfit eine im dreckigen Look präsentierte Zukunftsversion von Berlin unsicher macht.
Im neuen Europa herrschen grundsätzlich brutale und zermürbende Zustände. Doch auch heitere Lichtblicke fehlen nicht. Dafür sorgt der entfernt an eine Figur aus «Star Wars» erinnernde Schrotthändler Moses (herrlich: Oliver Masucci). So entsteht ein rauschendes und dystopisches Gesamtwerk, das nur gerade sechs Episoden umfasst. Es macht Lust auf mehr und schreit förmlich nach einer Fortsetzung.
Mit «Tribes of Europa» kommt nach «Dark» und «Barbaren» ein weiteres Netflix-Original aus Deutschland. Und wieder eines, das das Zeug hat, gross einzuschlagen.
Zum Interview Tribes of Europa – «Es war sehr intensiv!»
Netflix | Sci-Fi-Serie | 1. Staffel | D 2021
Mit Henriette Confurius, David Ali Rashed, Emilio Sakraya; Showrunner: Philip Koch
Knallharte Dystopie, die je länger, je besser wird
ab 19. Februar