Es endete mit einem grossen Knall: In den letzten Sekunden der ersten Staffel von «Diplomatische Beziehungen» explodierte eine Autobombe im Herzen von London. Im Wagen sassen ein Informant, zwei Mitarbeiter der US-Botschaft sowie der Gatte der US-Botschafterin, Hal Wyler (Rufus Sewell). Ob Wyler und die anderen den Anschlag überlebten, war unklar.
Die Frage wird aber gleich zu Beginn von Staffel 2 beantwortet, denn die Story knüpft nahtlos an. Darum ist es auch ratsam, sich die Handlung aus der ersten Staffel ins Gedächtnis zu rufen, sonst wird man ziemlich schnell abgehängt. Das Tempo ist hoch, die Geschehnisse überschlagen sich.
Wir erinnern uns: Die Diplomatin Kate Wyler (Keri Russell) liebäugelte mit dem Posten als US-Botschafterin in Kabul. Ihr liegt es, in Kriegsgebieten zu vermitteln. Sie ist eine Frau fürs Grobe, die Jeans einem eleganten Kleid stets vorzieht. Doch dann wurde ein britischer Flugzeugträger vor der iranischen Küste bombardiert, 41 Menschen starben. Da die US-Botschaft in London unbesetzt war, musste Wyler einspringen. Gegen ihren Willen.
Staffel 1 befasste sich vor allem mit Wylers Eingewöhnungszeit in London, ihren Eheproblemen mit Hal (Rufus Sewell) und ihrem Flirt mit dem britischen Aussenminister Austin Dennison (David Gyasi). Zu allem Übel stellte sich der britische Premierminister Nicol Trowbridge (Rory Kinnear) als hitzköpfig und streitlustig heraus. Trowbridge steht nun auch in Kates Fokus, denn sie ist überzeugt, dass er beim Autobombenattentat auf ihren Mann seine Finger im Spiel hatte. Wird es ihr gelingen, dies zu beweisen?
«Diplomatische Beziehungen» hat, wenn man es genau nimmt, nicht das Zeug dazu, ein Netflix-Hit zu sein. Kaum Action, wenige Sexszenen, sehr viele Dialoge und ab und an ein Fetzchen Humor. Dennoch ist die Serie super beliebt, denn dieses Mäuschen-Spielen in Diplomatenkreisen punktet mit hoher Spannung. Wer belügt gerade wen? Wer plant einen Putsch? Und wer zieht mit?
Bei den sechs Folgen in Staffel zwei ist zudem hundertprozentige Aufmerksamkeit gefragt. Wer nebenbei auf dem Handy rumtippt, verliert schnell den Faden. Auch wenn in der neuen Staffel die zwischenmenschlichen Querelen etwas zu kurz kommen, hat sie dennoch ein klares Highlight: Allison Janney. Die 65-jährige Oscarpreisträgerin («I, Tonya») spielt als US-Vizepräsidentin Grace Penn alle an die Wand.
Eine der besten Szenen ist denn auch, als sie der stets zerzausten und maskulin gekleideten Kate einen Vortrag über den Auftritt auf dem politischen Parkett hält. Nachdem Penn über BH-Polsterungen, ungewaschene Haare und kaputte Reissverschlüsse referiert hat, setzt sie sich, streicht ihren Blazer glatt und sagt trocken: «So, reden wir über den Senat.»
Netflix | Dramaserie | 2. Staffel
Mit Keri Russell, David Gyasi, Rufus Sewell, Allison Janney
USA 2024, ab 31. Oktober 2024