Haben Sie den mutmasslichen Sexualstraftäter und gefallenen Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein jemals über seine Taten reden hören? Oder Kevin Spacey? Oder ein anderes männliches «Opfer» der «#MeToo»-Bewegung?
Genau als solches würde sich wohl Mitch Kessler (Steve Carell) bezeichnen, der von seinem Sender UAB wegen sexueller Belästigung gefeuert wird: «Das ist gesetzwidrig», meint er schon in der allerersten Folge. Und weiter: «Seit wann ist es ein Verbrechen, irgendwelche Affären zu haben? Ich habe ausserehelichen Sex nicht erfunden. Ich habe niemanden vergewaltigt, niemanden gefeuert und vor niemandem in eine Pflanze gewixt. Seit Anbeginn der Zeit haben Männer ihre Macht benutzt, um Frauen zu verführen», rechtfertigt er sich und wirkt dabei wie ein erbärmliches, notgeiles Würstchen.
Um so stärker schneiden die beiden zentralen Frauenfiguren ab. Da wäre zum einen Kesslers langjährige Co-Moderatorin Alex Levy (Jennifer Aniston), für die (nebst Kesslers Ehefrau) von heute auf morgen eine Welt zusammenbricht. Und zum andern die aufstrebende US-Provinzreporterin Bradley Jackson (Reese Witherspoon), die sich bald mit TV-Urgesteinen vor und hinter laufender Kamera duellieren darf. Es sind die masslos übertriebenen Egos und Eitelkeiten, die den Stoff für diese clever gemachte, ironische Mediensatire liefern.
Frühere Kinofilme wie «Nachrichtenfieber» (mit Albert Brooks), «Switching Channels» (mit Kathleen Turner) oder «Morning Glory» (mit Harrison Ford) haben es vorgemacht, doch auch die Regisseurin Mimi Leder findet einen Weg, um Seriengucker möglichst rasch in diese Medienwelt einzuführen.
Vor dem Start der ersten Staffel 2019 hatte Apple bereits eine zweite bestellt. Prominentester Neuzugang ist «The Good Wife»-Star Julianna Margulies als Nachrichtensprecherin Laura Peterson.
Die Dreharbeiten hatten ursprünglich im März 2020 begonnen, mussten jedoch wegen Corona zunächst unterbrochen werden, bevor am 19. Oktober die Wiederaufnahme erfolgte. Fans spekulieren schon jetzt, ob und wie auch aktuelle gesellschaftspolitische Themen wie die Coronapandemie oder die Black-Lives-Matter-Bewegung in die Handlung einfliessen werden.
Showrunner Kerry Ehrin verriet auf Netzwelt.de, dass die Serie keinesfalls aktuelle Politik behandeln werde: «Ich schreibe nicht passend zu den Nachrichten, so eine Serie ist das nicht.» Die Frage, ob Zuschauer denn politische Figuren in der Serie erwarten können, verneinte sie: «Meine Idee ist es, nicht die Politik selbst, sondern politische Themen zu behandeln. Man kann aber den Zeitgeist des Weltgeschehens nehmen und daraus etwas machen.»
Aus Prestige-Sicht hat sich die Serie für Apple gelohnt. So wurde «The Morning Show» mit einem Emmy Award ausgezeichnet und erhielt bereits kurz nach der Premiere einen SAG Award für die herausragende Leistung einer weiblichen Darstellerin in einer Dramaserie (Jennifer Aniston), einen Critics Choice Award für den besten Nebendarsteller in einer Dramaserie (Billy Crudup) sowie drei Nominierungen für den Golden Globe Award.
Apple TV+ | Dramaserie | 2. Stfaffel
Mit Jennifer Aniston, Reese Witherspoon, Steve Carell, Julianna Margulies
Der TV-Zickenkrieg geht in die nächste Runde.
USA 2021, ab 17. September