Ein Blick zurück: Charles’ grosse Liebe Camilla wurde aus dem Weg geräumt und mit Mr. Parker Bowles verheiratet; die stets für Skandale besorgte Schwester Margaret überlebte einen Selbstmordversuch; und die Queen fuhr 1977, am Ende von Staffel 3, in einer goldenen Kutsche zur Feier ihres 25-jährigen Thron-Jubiläums.
«Nun sollte doch alles gut sein», hätte sich die Queen wohl gedacht, würde sie «The Crown» schauen – und hätte die Netflix-Erfolgsserie keine Fortsetzung. Doch sie geht weiter, endlich, und es ist anzunehmen, dass das Gläschen Schampus, das die dienstälteste Monarchin der Welt abends gern trinkt, nicht ausreicht, um den Ärger darüber runterzuspülen, was für eine Falle der Königshof in Staffel 4 macht.
Die erste Folge setzt 1977 ein, und bald geschieht, worauf alle warten: SIE kommt ins Spiel. Sie, Lady Spencer, zart, jung, so unschuldig, wie sie aussieht. Verkörpert wird sie von der unbekannten Emma Corrin. Die Ähnlichkeit mit Diana ist frappant: Föhnfrisur, Haltung, die scheuen Blicke von unten – alles passt.
Die Queen wird weiterhin meisterlich von Olivia Colman gegeben, die mit wenig Mimik Bände sprechen lassen kann; Prinzessin «Unangepasst» Margaret von Helena Bonham Carter, Prinz Philipp von Tobias Menzies, Charles vom grossartig bekümmert dreinschauenden Josh O’Connor. Auch die anderen Royals wurden nicht umbesetzt. Ein Cast, so hochkarätig wie die Kronjuwelen – kein Wunder, ist die Serie mehrfach preisgekrönt.
Wie in den ersten drei Staffeln glänzt auch die aktuelle mit starken Dialogen – Drehbuchautor Peter Morgan («Die Queen») sei Dank – und sprechenden Bildern, gern im Gegenlicht. Last but not least das opulente Dekor, liebevoll bis ins kleinste Detail: die silbergerahmten Fotos auf Tischen und Tischchen. Schliesslich ist «The Crown» mit 13 Millionen Dollar pro Folge (!) die teuerste Netflix-Produktion ever!
So geht die Story weiter: Charles ist 30 und nach wie vor ledig. Ein No-Go, soll er doch royale Erben zeugen, vorzugsweise mit einer jungfräulichen Tochter von Adel. Seit bekannt ist, dass Diana Charles’ Zukünftige ist, wird sie von Paparazzi gejagt. Ihre Hochzeit verfolgen weltweit 750 Millionen am TV. Dass die zwei nicht glücklich bis ans Ende ihrer Tage leben, ahnt noch keiner.
Die Erwartungen an die Prinzessin von Wales sind hoch, zu hoch, wie sie später verriet. Auch stellte sich heraus, dass sie sich das Leben nehmen wollte und dass sie während der Schwangerschaft mit William und nach der Geburt unter Depressionen litt. Verständnis von Charles? Zero.
Trost findet sie im Essen. Dianas Söhne William (*1982) und Harry (*1984) sind laut Klatschpresse gar nicht erfreut, dass Dianas Bulimie in der Serie thematisiert wird: Di leidet seit der Verlobung unter Essstörungen, wie sie in einem BBC-Interview 1995 eingestand.
Derweil die Königin der Herzen die Medien für sich zu nutzen weiss, zur Stil-Ikone avanciert und längst nicht mehr so folgsam ist wie einst, entflammt der ewige Thronfolger Mitte 80er erneut für Camilla. Der Ungetreue und seine spätere zweite Frau haben sicher keine Freude an dieser 4. Staffel, schliesslich machte Charles in der Zwangsehe eine, sagen wir mal, eher miese Falle.
Ihren Einstand gibt auch die erste Premierministerin, Margaret Thatcher (gespielt von Gillian Anderson, Zum Interview). Das Leben der Queen wird damit nicht einfacher. Die «Iron Lady» führt die Briten 1982 in den Falklandkrieg, und das Empire wankt mal wieder. Die beiden fast gleichaltrigen Powerfrauen sind sich auch sonst nicht immer grün.
Damit nicht genug. 1986 heiratet Andrew, Lieblingssohn der Queen, eine gewisse Sarah Ferguson. Wie man weiss, scheiterte Jahre später auch die Ehe der Yorks. Skandal! Gut möglich, dass Prinz Philip auf seinem Alterssitz in Norfolk beim Anblick der verhassten Ex-Schwiegertochter unstandesgemäss flucht. Falls er sich ohne Wissen der Gattin «The Crown» reinzieht.
Bekanntlich sahen die Windsors der Verfilmung des Lebens ihres Oberhauptes skeptisch entgegen. So wird es sie wohl nicht wenig ärgern, dass die Serie nach Weihnachten 1990, dem Schluss von Staffel 4, nicht endet. Yes, «The Crown»-Show must go on! Bestätigt sind bislang Imelda Staunton, die von Olivia Colman übernimmt, und Jonathan Pryce als Prinz Philip. Gesetzt sind auch Lesley Manville als Margaret und Elizabeth Debicki als Diana.
Coronabedingt muss der Dreh verschoben werden, Staffel 5 läuft erst 2022 an. Dann pustet die Queen 96 Kerzen auf ihrer Geburtstagstorte aus. Aber, no worries, es ist anzunehmen, dass die allerletzte Klappe von «The Crown» nicht mit dem Tod der Monarchin endet.
Dank guten Genen (Queen Mum segnete erst im biblischen Alter von 101 das Zeitliche) sitzt Queen Elizabeth II. wohl auch noch auf dem Thron, wenn Staffel 5 läuft. Und ist eins dann ganz sicher: not amused.
Netflix; Dramaserie, 4. Staffel
Mit Olivia Colman, Tobias Menzies, Josh O’Connor, Emma Corrin, Gillian Anderson u. a.
Ein Must nicht nur für Diana- und Royal-Fans!
GB/USA 2020, ab 15. November