Kann es sein, dass hinter dem Hundedreck, der einem am Schuh klebt, ein tieferer Sinn steckt? Oder können wir gar die Corona-Pandemie als Chance verstehen? Schwierig. Einige wenige können solch mentale Kunststücke vollführen, andere beissen wohl vorher in die Tischplatte. Wie man mit Frust, Konflikten und Herausforderungen des täglichen Lebens umgeht, das weiss Stillwater. So heisst der tierische Protagonist der gleichnamigen Animationsserie für Kinder auf Apple TV+.
Stillwater, ein erleuchteter Pandabär, steht den Menschenkindern Karl, Addy und Michael bei. Über sechs Episoden hinweg meistern die Geschwister alltägliche Probleme wie Regenwetter, nervige Freunde bis hin zu überzogenen Erwartungen an Geburtstagsgeschenke.
Der Panda als Vermittler asiatischer Lebenskunst ist ein gemütliches Gegenstück zu westlicher Unzufriedenheit. Das wissen wir spätestens seit Po, dem Helden aus der «Kung Fu Panda»-Filmreihe. Als Vegetarier unter den Bären und mit höchst dekorativem Fell ausgestattet, geben sie wunderbar kindertaugliche Sympathieträger ab.
«Stillwater» baut jedoch keine so dramatischen Fallhöhen auf wie etwa «Kung Fu Panda» oder artverwandte Blockbuster. Der dramaturgische Rhythmus ist bedacht, und die Kindernerven reiben sich nicht an epischen Heldengeschichten auf.
In jeder Episode verpackt Stillwater einen weisen Rat als Fabel. Dafür verlässt die Serie jeweils den digital animierten CGI-Kosmos und erzählt ein Lehrstück als klassischen Zeichentrickfilm. Dieser Stilwechsel verweist auf Stillwaters Erfinder Jon J. Muth. Unter dem Titel «Zen Shorts» hat der Künstler aus Ohio die Geschichten 2005 veröffentlicht und mit Aquarellen selbst illustriert.
Das Zuhause von Karl, Addy, Michael und Stillwater ist nicht eindeutig zu verorten; die bunte Vorstadt-Idylle bedient sich grosszügig fernöstlicher Motive wie Kirschblüten, Koi-Teiche oder papierener Raumteiler. Zudem manifestiert sich die japanische Zen-Kultur in vielen Nebenhandlungen und Gesten: Mal übt sich Stillwater in Kalligraphie, mal spielt er Bambusflöte.
Erwachsene könnten sich bei dieser neuen Serie etwas an der uninspirierten Ästhetik stossen, denn die computergenerierte Bildwelt ist nicht ausgesprochen originell ausgefallen. Die austauschbaren Gesichter von Karl, Addy und Michael erinnern etwa an Figuren aus Sicherheitsvideos diverser Fluggesellschaften. Doch so was kümmert Kinder meist noch weniger als ein Sandkorn in der Unterhose.
Die einfachen – aber keineswegs banalen – Inhalte machen die Serie zum dankbaren Format. Eltern können tief durchatmen und den Nachwuchs auch mal unbeaufsichtigt vor dem Bildschirm sitzen lassen.
Im besten Falle fördert «Stillwater» achtsames Denken und Handeln, im schlimmsten Falle dösen die kleinen Zuschauer dabei weg.
Auch gut, denn Mütter und Väter wissen schon längst: Schlafende Kinder beruhigen Körper und Geist.
Apple TV+ | Animationsserie | 1. Staffel | USA 2020
Mit Stimmen (engl.) von James Sie, Judah Mackey, Eva Binder, Tucker Chandler
Wertvolle Zen-Lektionen für den Streamer-Nachwuchs
ab 4. Dezember