Es beginnt wie immer: mit Sexszenen. Diesmal kunstvoll zu einer Montage vereint, die alle möglichen Varianten der Sexualität abdeckt. Und danach tritt er auf. Nicht Otis (Asa Butterfield) – den kennen wir ja längst. Nein, sein Schnauz. Der sorgte online schon für Aufregung.
Keine Angst: Otis’ Oberlippen-Entgleisung ist nach einer Episode wieder weg, aber es ist nicht das einzig Neue, an das sich Fans von «Sex Education» in der dritten Staffel gewöhnen müssen.
Das Wichtigste: Rektor Groff ist nach den vielen Skandalen seinen Job los, dafür tritt Hope Haddon (Jemima Kirke) ihren Dienst an.
Sie wirkt cool und nahe dran bei den Schülern. Doch der Schein trügt. Es dauert nicht lange, bis sie eiskalt aufräumt, strikte Regeln einführt und alle Schüler diszipliniert, die ein wenig ausscheren. Stets mit einem Lächeln im Gesicht. Das ist auch für Otis ungemütlich.
Wir erinnern uns: Der Teenager war die erste Anlaufstelle für alle Fragen zu Liebe und Sex an der Schule, obwohl er selbst noch völlig unerfahren war. Doch als Sohn der Sexualtherapeutin Jean (Gillian Anderson; «Akte X») eignete er sich das nötige Wissen an. So etwas «Skandalöses» darf er in der Ära Haddon nun nicht mehr tun.
Seine einstige Mitstreiterin Maeve (Emma Mackey) natürlich auch nicht. Aber sie ist mit ihrem rebellischen Gehabe sowieso auf der Abschussliste der Rektorin. Ebenso wie das flippige Liebespärchen Lily (Tanya Reynolds) und Ola (Patricia Allison), der nicht gerade kooperative Sportstar Jackson (Kedar Williams-Stirling) oder Schul-Neuzugang Cal, gespielt vom nicht-binären Dua Saleh.
Er bereichert die eh schon divers durchmischte Schule Moordale noch um eine weitere Facette.
«Sex Education» drehte sich aber nie nur um die Schule, sondern auch um das Privatleben. Und da macht auch die dritte Staffel weiter (obwohl sie nicht direkt an den Cliffhanger der zweiten anknüpft).
Zentral ist abermals Otis, der mit der versnobten Ruby (Mimi Keene) nun eine Freundin hat, aber immer noch an Maeve hängt.
Bei Otis’ Mutter Jean wiederum stehen Veränderungen an: Sie ist schwanger von ihrer Ex-Liebschaft Jakob (Mikael Persbrandt). Gillian Anderson (siehe Star des Monats) spielte Jean immer mit einer engelsgleichen Ruhe und erhabener Souveränität, wenn es um Liebes- und Sexualitätsthemen ging – doch noch einmal Mutter werden ist auch für sie nicht so einfach wegzustecken.
Auch nicht für Otis, der nicht nur ein Geschwisterchen bekommt, sondern mit Jakobs Tochter Ola auch eine Halbschwester. Erinnerungshilfe: Ola war eine Zeit lang Otis’ Freundin. Da sind heikle Situationen geradezu vorprogrammiert.
In den acht Episoden der neuen Staffel werden die Themen an der Schule, die Nöte der Teenager, aber auch jene der Erwachsenen wunderbar unter einen Hut gebracht.
Die Serie ist auch in dieser Staffel ungeheuer progressiv und von erfrischender Natürlichkeit. Wo die Liebe hinfällt, da fällt sie halt hin.
Und für alle – egal, welchen Geschlechts, ist dieses Sex- und Liebeszeugs halt kompliziert, von Penisneid über Unerfahrenheit bis Traumata, etwa im Falle der misshandelten Aimee (Aimee Lou Wood).
Anders als etwa bei «Elite», wo alles etwas sensationslüstern wirkt, kommt hier jede Entwicklung organisch gewachsen daher. Und eben realistisch mit euphorischen Hochs, schmerzhaften Tiefs und allen Facetten dazwischen.
Einzig die Probleme rund um die neue Rektorin brechen diese Regel teilweise. Denn es wirkt nicht gerade glaubwürdig, wenn Miss Haddon vor den Augen der anderen Lehrer, der Schulbehörde und der Eltern fast widerspruchslos einen kleinen Fascho-Staat aufbauen kann.
Immerhin hilft dieses Drama, weitere Spannungen zu entwickeln. Staffel drei mangelt es daher nicht an turbulenten Ereignissen, und bis zum bittersüssen Finale bleibt man gerne dran.
Auch wenn nichts kommuniziert wurde, spekulieren wir ins Blaue: Eine 4. Staffel wird kommen.
Netflix | Dramedyserie
Mit Asa Butterfield, Gillian Anderson, Ncuti Gatwa, Emma Mackey, Connor Swindells
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GB 2021, ab 17. September
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