Übernatürliche Kräfte sind in der fiktionalen Welt von Büchern, Filmen und Serien wahrlich keine Seltenheit. Dass jedoch ausschliesslich Frauen über solche Kräfte verfügen, war bisher eher weniger üblich. Dies scheint sich nun zu ändern.
In Joss Whedons gross angelegter Sci-Fi-Serie «The Nevers» (nach einer Staffel abgesetzt; im deutschen Sprachraum zeigte Sky die ersten sechs Folgen) waren es fast nur Frauen, die im Viktorianischen Zeitalter ganz unterschiedliche Fähigkeiten entwickelten.
Im 2017 erschienenen Sci-Fi-Roman «The Power» der 49-jährigen Engländerin Naomi Alderman ist es gar ausnahmslos das weibliche Geschlecht, welches ein und dieselbe Superkraft bildet.
Es beginnt mit einem elektrischen Knistern zwischen den Fingerspitzen, weitet sich aus zu Funkenflügen, bis die Betroffenen schliesslich gezielte Stromstösse von sich schleudern können.
Analog zur Buchvorlage nähert sich auch die Serienadaption anhand mehrerer, nicht zusammenhängender Erzählstränge dem Kernthema an. Da ist zum einen die in den US-Südstaaten adoptierte Allie (Halle Bush), die neben der Elektrizität auch noch eine Stimme in ihrem Kopf hört. Zum anderen erlebt Roxy (Ria Zmitrowicz), die Tochter eines Londoner Gangsterbosses, wie sie ihre Kraft durch Wut kontrollieren kann.
Bei Jos (Auli’i Cravalho), der Tochter der Bürgermeisterin von Seattle (Toni Collette), lassen sich die Stromstösse hingegen gar nicht bändigen. So kann es schon mal passieren, dass sie aus Versehen die Mikrowelle in Brand setzt. Dann ist da noch der nigerianische Youtuber Tunde (Toheeb Jimoh), der die Kraft erstmals per Video einfängt und so die ganze Untersuchung des Phänomens erst ins Rollen bringt. Nicht zu vergessen: die Gattin des autoritären Machthabers eines fiktiven Karpatenstaates, Tatiana (Zrinka Cvitesic), die mit der neu erlernten Fähigkeit ihren Gemahl kurzerhand stürzt.
Bei vielen Serien mit (allzu) vielen Handlungssträngen gerät die Handlung immer wieder ins Stocken. Auch «The Power» ist davor nicht gefeit, schafft es jedoch gleichwohl, die Spannung einigermassen konstant hochzuhalten. Und wie? Die Idee, die Kräfteverhältnisse der Geschlechter zu tauschen, sorgt für tiefgründige Gedankenexperimente.
So ist es etwa spannend, mitzuverfolgen, wenn Frauen im arabischen Raum aus der Unterdrückung ausbrechen oder wenn das weibliche Geschlecht genauso leicht der Machtgier verfallen kann wie die männlichen Pendants.
Prime Video | Sci-Fi-Serie | 1. Staffel
Mit Toni Collette, Auli’i Cravalho, Halle Bush
USA 2023, ab 31. März 2023