«Immer für dich da» – das klingt verdächtig nach der Verfilmung eines weiteren Bestsellers von Nicholas Sparks, dessen Storys bekanntlich immer so enden, wie die Leserin es sich erhofft: Mann und Frau überwinden widrige Umstände und wandeln halt einfach auf Umwegen ins ersehnte Happyend.
Die neue Netflix-Serie aber erzählt die Geschichte einer Frauen-Freundschaft. Und dass Filme über Best Friends Forever gut ankommen, sah man bereits in «Fried Green Tomatoes» oder «Thelma & Louise» (beide 1991), um nur zwei zu nennen. Das weiss auch US-Erfolgsautorin Kristin Hannah, auf deren Roman (2009) die Serie basiert.
Die Geschichte setzt 1974 ein, als ABBA die Welt mit «Waterloo» erobern. Ein gefundenes Fressen also für die Ausstattung, die tief in die Klamottenkiste greift – von den Fönfrisuren ganz zu schweigen. Tully (Katherine Heigl) und Kate (Sarah Chalke) sind 14, als Tully in die Firefly Lane zieht. Gegensätzlicher könnten die zwei Nachbarinnen nicht sein: Kate ist schüchtern und eher auf der unattraktiven Seite daheim, die coole Tully bildhübsch. Beide aber können eine Freundin gebrauchen. Tully sehnt sich nach Geborgenheit, da ihre Hippiemutter vor allem Drogen liebt; Kate ist in der Beliebtheitsskala der Klasse dauerhaft auf dem letzten Platz parkiert.
Dank Tully kann sie ihre Schüchternheit endlich ablegen, und im Gegenzug findet Tully in Kates biederem Elternhaus eine Ersatzfamilie, als ihre Mutter verhaftet wird.
Die Zeit vergeht. Die BFF wollen beide Journalistinnen werden, doch dann trennen sich ihre Wege: Kate entscheidet sich für Kinder, die ehrgeizige Tully gegen die Liebe. Die Frauen bleiben sich aber trotz Distanz nah, teilen Freud und Leid. Tully hat hart für ihren Erfolg als Talkmasterin geackert, doch eigentlich ist sie einsam, vermisst die Vertrautheit einer Partnerschaft und leidet an innerer Leere in ihrer oberflächlichen Welt.
Kate hingegen hat Familie, führt das ausgefüllte, wenngleich unaufgeregte Leben, das sie haben wollte. Doch etwas fehlt ihr in diesem Kaff namens Snohomish bei Seattle. Viele Jahre bilden die zwei eine Einheit – bis die Beauty zum Biest wird, eine Grenze überschreitet. Kann Kate Tully verzeihen? Und wieso schlägt das Schicksal so hart zu?
Wer das Buch las, erinnert sich, wie sehr das Ende im Jahr 2006 nach einer Fortsetzung schrie. Und Kristin Hannah erhörte ihre Leserinnen und schrieb «Wie ein Stern in der Nacht», das vier Jahre später einsetzt. Ja, und dass auch dieser Bestseller verfilmt wird, ist so sicher wie Heigls Haarfarbe in der Serie falsch. Die hat den 10-Teiler übrigens mitproduziert und darauf geachtet, dass das Kreativteam mehrheitlich weiblich besetzt wurde.
In Sachen Besetzung noch dies: Wer «Sarah wer?» fragt, wenn er den Namen der zweiten Hauptdarstellerin hört, tut Chalke unrecht. Die US-Kanadierin spielte sich etwa in den Sitcoms «Roseanne» und «Scrubs – Die Anfänger» während Jahrzehnten in die Herzen ihrer Fans.
Netflix | Dramaserie | 1. Staffel | USA 2021
Mit Katherine Heigl, Sarah Chalke; Regie: Anya Adams; Showrunner: Maggie Friedman
Eine Feelgood-Serie über BFF, durchaus auch für Männer
seit 3. Februar
Die Freundschaft zwischen Tully (Katherine Heigl) und Kate (Sarah Chalke) wird auf drei flott wechselnden Zeitebenen erzählt. Zu befürchtender Happy-Kitsch bleibt aus, da die Story immer wieder von dunklen Momenten geprägt ist. Eine eigentlich rundum einnehmende Geschichte – wäre da nicht die schlecht gebildete Maske und der irritierende Cliffhanger zum Schluss.
-SIR
Ungeschöntes Plädoyer für die Freundschaft