Es war ja nicht so, dass alle der neuen Schweizer Krimiserie gut gesinnt waren. 2011 veranlasste SRF eine Sparrunde, der einige Sendungen zum Opfer fielen. Mit den gesparten vier Millionen hob man dann den «Bestatter» aus der Taufe.
Darin geht ein unfreiwilliges und unkonventionelles Duo in Aarau auf Verbrecherjagd. Der Beerdigungsunternehmer Luc Conrad (Mike Müller) überschreitet dabei immer wieder seine Kompetenzen. Als Bestatter ist der frühere Polizist für die trauernden Hinterbliebenen ein Helfer und Tröster – und erfährt Dinge, die kein Kriminalbeamter je erfahren würde. Und wenn Luc dann an der Natürlichkeit eines Todes zu zweifeln beginnt, wird er wieder zum Ermittler. Zum Leidwesen von Kommissarin Anna-Maria Giovanoli (Barbara Terpoorten).
So schaute man also am 8. Januar 2013 skeptisch Richtung Leutschenbach, als die Auftaktfolge des neuen Dientagskrimis auf SRF 1 lief.
Die Kritiken fielen ernüchternd aus: «holprige Dialoge», «unbedarft chargierende Schauspieler», «verschwurbelte Handlung». Dann gab es auch noch Probleme mit dem Ton. Und wieso drehte man eine Serie, die im Aargau spielt, in Zürich?
Doch die Einschaltquoten sprachen eine andere Sprache: Schon die erste Staffel holte durchschnittlich über 740'000 Zuschauer vor die Bildschirme, knackte spielend den 40-Prozent-Marktanteil und verwies die anderen Dienstagskrimi-Produktionen dauerhaft auf die hinteren Plätze.
Mit der Zeit hatten auch die Kritiker immer weniger zu maulen. Produktionstechnisch und schauspielerisch ging’s steil bergauf, auch die Plots wurden ausgeklügelter. Die Auftaktfolge von Staffel 3 schauten sagenhafte 913'000 Zuschauer.
Mit der fünften Staffel erreichten die Macher einen dramaturgischen Höhepunkt, indem sie den Bösewicht (brillant: Roeland Wiesnekker) gleich zu Beginn demaskierten.
Ein Grund für den Mordserfolg des «Bestatters» ist mit Sicherheit Mike Müller. Ihn kannten und liebten die Zuschauer bereits aus der Late-Night-Show «Giacobbo/Müller». Als Bestatter erinnerte er sie gelegentlich daran, dass er im wahren Leben als Komiker unterwegs ist. Etwa wenn er der Tochter einer Verstorbenen deren antiquiertes Mobiltelefon mit der Bemerkung «Hier der Knochen Ihrer Mutter» aushändigte.
Auch Martin Ostermeier, der als Forensiker Alois Semmelweis mit seinen im Wiener Schmäh vorgetragenen Monologen die Kollegen regelmässig überforderte, sorgte für jede Menge komische Momente.
Die durch und durch schweizerische Krimiserie schaffte sogar den Sprung ins Ausland: Deutschland, Frankreich, Tschechien, die USA, Japan, ja sogar die Australier schauten den «Undertaker». Damit nicht genug: Zuerst hatte der Streamingdienst Sky Show den «Bestatter» im Angebot, dann kam Netflix und schliesslich Play Suisse.
Der heimliche Star der Serie war übrigens der Dienstwagen des Bestatters: ein 37 Jahre alter Mercedes S 123 mit 500'000 Kilometern auf den Achsen. Der Keilriemen quietschte, die Federung ächzte, an vielen Ecken und Enden musste schon geklebt und gekittet werden. Doch der Dieselmotor war nicht totzukriegen und hielt bis zur letzten Folge tapfer durch.
Diese erschien 2019, Mike Müller selber hatte den Anstoss gegeben, den «Bestatter» nach Staffel 7 zu Grabe zu tragen. Getreu dem Motto «Aufhören, wenn man kann, nicht wenn man muss».
Er wollte die Zitrone nicht bis zum Schluss auspressen und ebnete den Weg für eine weitere Knaller-Produktion: «Wilder» (auch auf Play Suisse) führte von 2017 bis 2022 die Schweizer Krimi-Erfolgsgeschichte vier Staffeln lang weiter.
Im April 2023 erfüllte SRF schliesslich noch einen Publikumswunsch und brachte den «Bestatter» in einem Kinofilm auf die grosse Leinwand zurück.
Play Suisse | Krimiserie | 7 Staffeln (auf Sky Show 4 Staffeln)
Mit Mike Müller, Barbara Terpoorten, Suly Röthlisberger, Reto Stalder, Martin Ostermeier, Samuel Streiff u. a.
Mordsmässig gut, made by SRF
CH 2013–2019, verfügbar