Nicht nur dem Gerichtssprecher, sondern auch der jungen Übersetzerin Eva Bruhns (Katharina Stark) stockt der Atem, als 1963 bei den Frankfurter Prozessen die Gräueltaten geschildert werden, die ehemalige SS-Soldaten im Konzentrationslager Auschwitz verübt haben.
Eva, die noch nie etwas von diesem Ort gehört hat, spürt eine innere Verpflichtung und nimmt die Aufgabe gegen alle Widerstände an, als Polnisch-Dolmetscherin zu amten.
Aber erst während ihrer voranschreitenden Übersetzungsarbeit erfasst sie das ganze Ausmass der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie – und erkennt so die verlogene Behaglichkeit, die sie umgibt: Schuld und Vergehen einer ganzen Generation wurden und werden immer noch verschwiegen und verdrängt.
Unnachgiebig und schonungslos stellt sich Eva den Schatten der Vergangenheit und den untrennbar mit der schrecklichen Wahrheit verknüpften Geheimnissen ihrer eigenen Familie. Denn Eva lebt noch immer bei ihren Eltern (Anke Engelke/ Hans-Jochen Wagner), die die Gaststätte «Deutsches Haus» betreiben.
Alle erwarten, dass sie sich mit dem wohlhabenden, aber selbstverliebten Versandhauserben Jürgen Schoormann (Thomas Prenn) verlobt. Doch alles kommt anders: Die Ereignisse überschlagen sich, und Eva sieht bald so manch Vertrautes in einem ganz anderen Licht.
Das Aufrollen der Handlung aus Evas Perspektive geht an die Nieren. In ihrem ungläubigen Blick, der bald blankem Entsetzen weicht, widerspiegeln sich die einzelnen Straftaten, die der Gerichtsreferent mit stockender, immer zittriger werdenden Stimme verliest.
Beim Zuhören bzw. Zuschauen spürt man ohnmächtige Wut in sich aufsteigen. Wut auf diese willigen Vollstrecker des Naziregimes, die nun mit Unschuldsmiene auf der Anklagebank sitzen. Allesamt sind sie harmlos wirkende Biedermänner, die sich inzwischen als Ärzte, Anwälte, Unternehmer oder Industrielle (u. a. Heiner Lauterbach) in der deutschen Gesellschaft etabliert haben und ihre dunkle Vergangenheit sogar im Angesicht von polnischen Überlebenden (stark: Iris Berben) hartnäckig leugnen.
Die Romanvorlage stammt von der 56-jährigen Berliner Autorin Annette Hess, die genau weiss, wie sich beim Publikum starke Emotionen erzeugen lassen. Sie hat bereits die Drehbücher zur historischen Familienserie «Weissensee» (2010–2018; ARD) oder zu den ZDF-Spielfilmreihen «Ku’Damm 56» (2016) und «Ku’Damm 59» (2018) verfasst.
Die Dreharbeiten des Disney+-Fünfteilers «Deutsches Haus» fanden von August bis Dezember 2022 in Polen statt.
Disney+ | Dramaserie | 1. Staffel
Mit Katharina Stark, Anke Engelke, Iris Berben
D 2023, ab 15. November 2023