Glaube, Liebe – ohne Hoffnung?

Erinnerst du dich noch? – Zuerst war es der Wind, den es plötzlich nicht mehr gab. Dann versiegte die Solarenergie, weil die ganze Welt in Rauch und Nebel versank. Und auch die Wale sind längst ausgestorben.

So jedenfalls blickt Sylvie (Marion Cotillard) im Jahr 2068 auf die Welt zurück und eröffnet ihrem Mann Auggie (Forest Whitaker), dass sie sich schon lange nicht mehr viel zu sagen haben.

Doch anstatt sich scheiden zu lassen, schliesst Visionär Auggie mit der Vergangenheit und seinen «Liebsten» ab, indem er sein Bewusstsein in eine Cloud hochlädt, um Jahre später in einem anderen Körper seiner Wahl zurückzukehren – oder auch nicht. «Life Pause» nennt sich diese Technologie. Und sie hilft Menschen, sich selbst zu digitalisieren und so jeden ökologischen Fussabdruck zu eliminieren.

Dies ist nur eine der Zukunftsvisionen, die der Autor und Regisseur Scott Z. Burns in seinem achtteiligen Zukunftsszenario «Extrapolations» für die Streamingplattform Apple TV+ entwirft. Im Gegensatz zu klassischen Serien, die ihre Figuren über mehrere Staffeln vertiefen und einem so ans Herz wachsen lassen, setzt Burns bei fast jeder Episode neu an und serviert andere Gesichter, an die man sich erst mal gewöhnen muss.

Dies gelingt nicht immer gleich gut, zumal der «Contagion»-Macher immer wieder ins Philosophische und Pseudowissenschaftliche abdriftet. So bietet «Extrapolations» über weite Strecken hinweg inhaltlichen Leerlauf, den man sich schenken kann. Die acht zu guter Letzt miteinander verwobenen Geschichten über Liebe, Arbeit, Glauben und das Familienleben erzählen von persönlichen Schicksalen und Entscheidungen, die getroffen werden müssen, wenn sich der Planet schneller verändert als seine Bevölkerung. Jede Story ist anders, aber der Kampf um die Zukunft bleibt der gleiche.

So wie frühere hollywoodsche Zukunftsvisionen – von der «Zeitmaschine» über «Star Trek» und «Blade Runner» bis hin zu «2001» und «Back to the Future 2» – spannende Einblicke in den Lebensalltag der Menschen gaben, wartet auch «Extrapolations» mit einprägsamen Sequenzen auf. Wenn die Gedanken der Wale plötzlich verständlich werden, Zukunftsmenschen ihren Sauerstoff am Marktstand in Indien kaufen oder gar mit der Sauerstoffflasche am Rücken rumlaufen, dann sind dies gefühlsstarke, aber auch tragikomische Momente, die sich direkt vom Klimawandel herleiten lassen.

Spätestens seit dem Zukunftsszenario «Contagion», in dem er als Drehbuchautor die Coronakrise filmisch vorwegnahm, kann sich Scott Z. Burns die Rollenbesetzung auswählen. Auch für «Extrapolations» hat er aus dem Vollen geschöpft und sogar Meryl Streep für eine Rolle in der zweiten Episode gewinnen können. Faszinierender Öko-Zukunft sei Dank.