1. Home
  2. Streaming
  3. Fokus
  4. Netflix investiert in den indischen Markt
Netflix

Suche nach neuen Märkten – Hindi, Telugu, Tamilisch

Netflix knöpft sich auf der Suche nach neuen Märkten Indien vor. Vorerst mal mit fast einer halben Milliarde Dollar.

Teilen

Merken

Google News

Artikel teilen

Hintergrund

«Ludo» (2020): Komödie um wilde Zufälle (Bild: Fatima Sana Sheikh, Rajkummar Rao).

Netflix

«Wir investieren 420 Millionen Dollar in den indischen Markt.» Diese Ankündigung von Netflix-Chef Reed Hastings liess 2019 aufhorchen. Denn der indische Markt ist fast autark.

Zwar haben Hollywoodproduktionen auch ihre Nische, aber die grosse Kasse im bald bevölkerungsreichsten Land der Erde machen einheimische Filme. Egal, ob in Hindi (Bollywood) oder in den südindischen Sprachen wie Telugu und Tamilisch: Landeseigene Superstars füllen die Kinos mit Millionen von oft fanatisch loyalen Fans.

Für Netflix war also klar, dass die Investitionen an zwei Fronten stattfinden mussten: erstens neue Kunden gewinnen und zweitens einheimische Filme und Serien mit einheimischen Stars produzieren. Eine weltweite Monetarisierung galt bestenfalls als ein willkommener Nebeneffekt.

Zu tun gab es viel, denn als Hastings die Mission bekanntgab, hatte Netflix in Indien nur etwa zwei Millionen Abonnenten. Und dies bei über 1,3 Milliarden Einwohnern! Die Konkurrenz wie Amazon oder der zum Disney-Konzern gehörende Hotstar waren besser positioniert und bekannter. Nun, ein Jahr später, ist die Netflix-Offensive spürbar.

Zur Unterstützung wurde schon eine budgetfreundliche Mobile-only- App aufgegleist (ein Modell, das auch in anderen asiatischen Ländern eingeführt wurde), und es gab in Indien im Dezember zwei Schnuppertage zum Gratisstreamen. Und nun kommen auch die Filme.

So nutzte Netflix die «Chance», die Covid-19 bot, und kaufte Produktionen ein, die nicht im Kino starten konnten: im Dezember jüngst «Torbaaz» mit dem unverwüstlichen Sanjay Dutt. Zum anderen laufen nun Eigenproduktionen an. Im November etwa «Ludo» mit Superstar Abhishek Bachchan oder die ohne Stars gedrehte Serie «Mismatched».

 
Torbaaz

Von Netflix eingekauft, im Dezember gestartet: der Actionfilm «Torbaaz».

ZVG

Und schon zuvor hat Netflix einen Deal mit Red Chillies ausgehandelt – der Produktionsfirma von Shahrukh Khan, einem der beliebtesten Schauspieler der ganzen Welt.

Vielversprechende Projekte sind zum Beispiel auch das Drama «Tribhanga» mit Bollywood-Darling Kajol. Interessant klingt «AK vs. AK», in dem sich Regisseur Anurag Kashyap und Anil Kapoor (im Westen bekannt dank «Slumdog Millionär») selbst spielen. Kashyap als frustrierter Filmemacher, der Kapoors Tochter entführt.

Das Drama «Tribhanga» mit Kajol (l.) startet Anfang 2021.

Das Drama «Tribhanga» mit Kajol (l.) startet Anfang 2021.

ZVG

Ob das reicht, um Hastings’ Ziel von 100 Millionen Abonnenten zu knacken? Genaue Zahlen gibt es nicht, aber im Moment sollen es erst etwa 4 Millionen sein. Immerhin ist der Nebeneffekt von all dem, dass auch die Bollywood-, Kollywood-, Tollywood- und sonstigen Indian-Cinema-Fans ausserhalb des Subkontinents zu neuen Filmen und Serien kommen.

Netflix füllt nämlich ganz generell seinen Nachschub-Kanal. Längst haben Produktionen aus aller Welt ihren fixen Platz im Streaming-Angebot. Erwähnt sei etwa Spanien mit «Elite» oder «Haus des Geldes». Doch auch Länder wie Polen («365 Tage») oder Deutschland («Dark») profitieren stark von der globalen Verbreitung.

Indien ist nur ein weiteres Teilchen im Mosaik. Der Wermutstropfen bisher: Meistens werden nur deutsche Untertitel angeboten, kein deutscher Ton. Eine Ausnahme gibt es vielleicht bei «Der weisse Tiger» (Review hier), der zwar mit indischen Stars gedreht wurde – jedoch auf Englisch und mit US-Geld.

Letztendlich dürfen sich Freunde von Filmen und Serien aber immer freuen, wenn Netflix investiert. Egal, wo. Noch nie war das Weltkino buchstäblich nur einen Klick entfernt.

Die Romanze «Ginny Weds Sunny» ist seit Oktober bei Netflix zum Abruf bereit.

Die Romanze «Ginny Weds Sunny» ist seit Oktober bei Netflix zum Abruf bereit.

ZVG
Von Marco Spiess am 12. Januar 2021 - 18:00 Uhr