Deutsche Filme widmen sich gerne radikalen Gruppen, egal ob im linken oder rechten Spektrum. So gibt es zum Beispiel Filme über die Rote Armee Fraktion RAF genauso wie über die Terroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds NSU. Lediglich die antifaschistische Bewegung, kurz Antifa, blieb in den letzten Jahren unter dem Radar.
Hier sorgt das autobiographisch angehauchte Drama der 1976 in Berlin geborenen Regisseurin und Co-Autorin Julia von Heinz («Ich bin dann mal weg») für Abhilfe. «Und morgen die ganze Welt» war auch Deutschlands Vorschlag für die diesjährige Oscarverleihung – allerdings erfolglos.
Luisa (Mala Emde) stammt aus bürgerlichem Hause. Die Jurastudentin im ersten Semester will aktiv gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft ankämpfen. Über ihre beste Freundin Batte (Luisa-Céline Gaffron) findet sie Anschluss in der Mannheimer Antifa.
Die eher harmlosen Aktionen wie das Stören von Kundgebungen rechtspopulistischer Parteien sind Luisa aber nicht griffig genug. Deshalb fühlt sie sich beim aggressiveren Flügel um den so charismatischen wie attraktiven Alfa (Noah Saavedra) und den grüblerischen Lenor (Tonio Schneider) heimisch. Mit ihnen engagiert sie sich handfest gegen Neonazis. Schon bald stellt sich die Frage: Wie weit wird sie für ihre Anliegen gehen?
Von Heinz zeichnet ein Bild der Antifa, wie man es sich auch vorstellt: auf der einen Seite die Idealisten, die ihre Ziele gewaltfrei erreichen wollen, auf der anderen diejenigen, die bereit sind, «weiter» zu gehen. Insofern unterscheidet sich die Antifa nicht von anderen Gruppierungen – doch der Film traut sich nicht, die fundamentaleren Charakteristika der Antifa und ihrer Gegner ungeschönt aufzuzeigen: Alles wirkt irgendwie leicht weichgezeichnet. Von Heinz hätte die gesellschaftskritischen Ansätze gerne konkreter postulieren dürfen.
Gelungen ist ihr indes, trotz allen Klischees spannende Diskussionsgrundlagen zu schaffen. Vor allem die Tatsache, dass sich die militanten Flügel politischer Bewegungen immer irgendwo überschneiden, zeigt von Heinz treffend auf.
Und pointiert. So muss Luisa am Ende feststellen, dass ihre Spezis genau das gleiche Protestlied anstimmen, das sie zuvor anderswo gehört hat: als Beobachterin einer an biederem Mief kaum zu überbietenden Neonazi-Gartenparty.
Netflix | Drama | D/F 2020
Mit Mala Emde, Noah Saavedra, Andreas Lust
Zahmer, dennoch ansprechender Besuch bei der Antifa.
verfügbar