Selten waren die USA so zerrissen wie zurzeit. Ein Präsident, der andeutet, seine drohende Abwahl nicht anerkennen zu wollen. Proteste gegen Polizeigewalt auf der einen, militante Trump-Anhänger auf der anderen Seite.
Ähnlich explosiv war das Klima Ende der 60er-Jahre, als der Vietnamkrieg zu massiven Protesten führte. Das verdeutlicht nun das exzellente Gerichtsdrama «The Trial of the Chicago 7». Der Film handelt vom exemplarischen Prozess gegen sieben Aktivisten, die wegen Anstiftung zum Aufruhr im September 1969 vor Gericht kamen. Auslöser war eine Demonstration, die am Parteitag der Demokraten in Chicago stattfand, im August 1968. Die zuerst friedlichen Proteste arteten in gewaltsame Konfrontationen mit der Polizei aus – sieben Vertreter dreier Protestgruppen landeten vor Gericht; «The Trial of the Chicago 7» stellt den folgenden Prozess nach.
Der Film von Drehbuchautor Aaron Sorkin (Netflix hat Paramount dafür 56 Mio. Dollar bezahlt) macht schnell klar, dass hier kein faires Verfahren stattfindet, sondern ein Schauprozess. Die Anklage hat wenig Substanz, der Richter ist parteiisch. Er verachtet die Angeklagten und schmettert jeden Einwand der Verteidigung ab. Einen weiteren Angeklagten, Bobby Seale von der Black Panther Party, lässt er knebeln und vom Gericht entfernen.
Gleichzeitig beleuchtet Sorkin die verschiedenen Motive der Aktivisten, die alle gegen den Krieg sind, aber sonst wenig gemeinsam haben. Da ist Abbie Hoffman (Sacha Baron Cohen), der Anführer der Yippies, einer anarchistischen Gruppe von Hippies, die das Ganze als Show sehen, aber auch der weit ernsthaftere Studentenleader Tom Hayden (Eddie Redmayne). Soll man die Gesellschaft friedlich durch Worte oder mit revolutionären Taten ändern?
Letztlich ist der Film ein intensives Plädoyer für die Meinungsfreiheit und für das Recht auf Protest.
Netflix; Gerichtsdrama, USA 2020
mit Sacha Baron Cohen, Eddie Redmayne, Frank Langella, Regie: Aaron Sorkin
Spannend und hochaktuell, gerade zu den US-Wahlen
