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Netflix – «Ein klitzekleines Weihnachtswunder»

Humor ohne Kitsch

Der Schweizer Simon Otto machte in Hollywood Karriere als Animationsspezialist. Mit tele.ch sprach er über seine weihnachtliche Regiearbeit bei Netflix.

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Auch das noch: Der Weihnachtsmann gerät in einen Sturm.

Auch das noch: Der Weihnachtsmann gerät in einen Sturm.

Netflix
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Marco Spiess

Er lehrte Drachen das Fliegen, nun ist der Samichlaus dran. Der in Gommiswald SG aufgewachsene Simon Otto arbeitete 21 Jahre lang beim Animationsstudio Dreamworks und war u. a. verantwortlich für das Figurendesign von Ohnezahn in «Drachenzähmen leicht gemacht». Als Regisseur bringt er nun den Animationsfilm «Ein klitzekleines Weihnachtswunder» zu Netflix. Tele.ch traf ihn zum Gespräch – passenderweise am ersten Tag des Wintereinbruchs.

Tele.ch: Haben Sie auch mit dem Schnee gehadert?

Simon Otto Ich bin heute Morgen von Gommiswald runtergekommen und habe im vollen Zug geschwitzt.

Sind Sie noch ab und zu in der Schweiz?

Von England aus, wo wir den Film gedreht haben, war’s einfach: Am Freitagabend los – und du bist am Abend bei Mami zu Hause. Von L. A. aus, wo ich sonst lebe, musst du erst den Jetlag überwinden.

Den Job als Regisseur haben Sie aber nicht bekommen, weil Sie sich als Schweizer mit Schnee auskennen?

Nein, das Filmstudio Locksmith Animation wollte mich schon lang anheuern. Als wir die drei Bücher von Richard Curtis entdeckt hatten, war klar, dass dies ein spannendes Projekt wäre. Keine Heldenstory, kein Bösewicht, sondern alltägliche Geschichten in einem multikulturellen England von heute.

Wusste Richard Curtis, dass Sie einen Seitenhieb auf seinen Hit «Tatsächlich ...  Liebe» in den Film eingebaut haben?

Nein. Das war ein Höhepunkt der ganzen Produktion. Er meinte, das sei ganz, ganz fies gewesen. Es sorgte immer für Lacher, also liessen wir’s drin.

Auch eine kleine Hommage an «Shaun das Schaf» entdeckt man.

Ja, ich habe ja 2006 mit dem Studio Aardman bei «Flutsch und weg» zusammengearbeitet, und die Gründerinnen von Locksmith sind beides ehemalige Aardman-Produzentinnen. In derselben Szene hat’s auch einen feuerspeienden Weihnachtsmann. Den hab ich mit meinem Sohn auf der Alp Rittmarren gebaut.

Waren Sie noch involviert in die Animation?

Selber animiert habe ich nicht, obwohl ich es gerne wollte. Als Regisseur muss ich die Geschichte in den Vordergrund stellen. Wenn eine meiner eigenen Kreationen vorkäme, fehlte der kühle Kopf. Ich habe aber mit den siebzig Animatoren in Montreal, London und Mumbai eng zusammengearbeitet, sie wollten von mir als erfahrenem Animator auch was lernen.

In «Drachenzähmen leicht gemacht» haben Sie Ohnezahn ohne Worte zu einer unsterblichen Figur gemacht.

Es war wichtig, dass wir Persönlichkeit und Einzigartigkeit klar definiert haben. Das galt auch hier: Die Mädchen Charlie und Sam haben die exakt gleiche digitale Puppe. Aber durch Posen und Bewegungen sorgen wir für die Differenzierung.

Stand es zur Diskussion, sich an den Illustrationen der Bücher zu orientieren?  

Richard Curtis hätte das gerne gehabt. Ich habe es ihm ausgeredet, weil ich bei diesem Film wollte, dass das Publikum vergisst, welchen Stil man sich abguckt. Mir war wichtiger, dass die Figuren Ausdrucksstärke haben. Er hätte nicht funktioniert mit einem Stil wie «Spider-Man: A New Universe».  

Variation reizt Sie aber schon? Ihr Beitrag zu «Love, Death & Robots» hatte auch einen malerischen Look.

Ja, da mussten wir den Computer fast brechen, um diesen illustrativen Stil zu bekommen.  

Netflix bietet mit seinem riesigen Animations-Angebot die Möglichkeit für verschiedenste Stile.

Ja, Gott sei Dank! Als Filmemacher kannst du grössere Risiken eingehen, wenn die Hürde für einen Kinostart fehlt. Auf der anderen Seite müssen wir schon in den ersten Minuten dem Publikum ein Versprechen machen und es an Bord holen.

Der Schweizer Simon Otto (51) ist ein erfahrener Animationsspezialist.

Der Schweizer Simon Otto (51) ist ein erfahrener Animationsspezialist.

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Die Filmkritik

Stress für den Weihnachtsmann: Während eines Sturms muss er sich im englischen Städtchen Wellington-on-Sea um die Sorgen der Bewohner kümmern. Da wäre etwa der Schüler Danny, der in die ängstliche Sam verliebt ist. Oder deren Schwester Charlie, die sich dem Zynismus verschrieben hat. Oder die Eltern, die im unerwartet tiefen Schnee feststecken. Der Film verwebt geschickt drei Kinderbücher von Richard Curtis («Tatsächlich ... Liebe»). Ohne viel Kitsch, dafür mit Humor, lebensnahen Figuren und detailverliebter Animation mausert er sich zum idealen Weihnachtsfilm. 

Netflix | Animationsfilm | GB 2024 | ab 4. Dezember 2024 

Von Marco Spiess am 28. November 2024 - 17:00 Uhr