Schon 14 Jahre ist es her, seit Filmfans Floskeln wie «it’s nice», «great success» oder «sexy time» in ihren Wortschatz aufnahmen. Oder Freaks in grellgrünen Mankini-Badeanzügen rumzulaufen begannen.
«Borat» schlug ein wie eine Bombe – dank dem giftigen Comedy-Gemisch, das aus Sacha Baron Cohens Konfrontation mit realen Menschen entstanden war. In Windeseile ergatterte sich Cohens Figur des sexistischen, rassistischen und mit dickem Akzent Englisch sprechenden Reporters aus Kasachstan Kultstatus.
Nun ist es also Zeit für seine etwas verspätete Rückkehr. Da Borat so bekannt ist wie ein bunter Hund, war es für Cohen aber oft nicht möglich, inkognito in den USA zu wüten.
Der Film thematisiert auch das: Die Fans rennen ihm hinterher, und Borat muss sich für seine neuen Eskapaden verkleiden. Cohen als Charakter in einem Charakter – fast wie eine russische Babuschka. Während Borat wieder in den USA unterwegs ist, hat er diesmal seine Tochter Tutar (Maria Bakalova) im Schlepptau. Zu den Opfern seiner Streiche gehören Konservative oder Religiöse genauso wie Influencer und Politiker, angefangen mit Vizepräsident Mike Pence, dessen Auftritt an einem Treffen konservativer Aktivisten im Februar 2020 von einem Mann mit Trump- Maske gestört wurde. Was damals niemand ahnte: Es war Cohen.
Für noch mehr Gesprächsstoff sorgte im Vorfeld aber die Szene, in der sich Borats Tochter als Journalistin ausgibt und Trump-Anwalt Rudy Giuliani interviewt. Der verhält sich dabei mehr als schmierig.
2006 war es unfassbar, wie der britische Komiker Cohen aus den Amerikanern die schlimmsten Seiten herauskitzeln konnte und sie erbarmungslos blossstellte. In der Zwischenzeit hat er mit dem Film «Brüno» und der Serie «Who Is America?» nachgelegt, weswegen die Idee an Frische eingebüsst hat. Und auch andere sind auf den Zug aufgesprungen, von US-Late-Night-Shows bis zu etlichen Youtubern.
«Borat 2» hat daher nicht mehr denselben Neuigkeitswert. In einigen Szenen spürt man auch, dass sie gestellt sind. Dabei funktioniert solche improvisierte Doku-Comedy ja dann am besten, wenn ihre Echtheit rüberkommt.
Abseits der gespielten Sequenzen gibt es indes immer noch genügend Momente, die ins Schwarze treffen. Wenn Cohen etwa von der Bühne aus die Besucher einer Trump-Kundgebung zum Singen animiert («Joe Biden zerstückeln, wie es die Saudis machen» oder «Wissenschaftler vergasen, wie es die Deutschen getan haben»), sitzt man mit offenem Mund da.
Als grosses Plus erweist sich in all dem Chaos die bulgarische Schauspielerin Maria Bakalova (24), die Borats minderjährige Tochter spielt. Hin und wieder kann sie sich ein Grinsen nicht verkneifen, doch sie macht mit viel Energie selbst die peinlichsten Sachen mit.
Wird es je einen 3. Teil geben? Wenn man bedenkt, wie leicht hetzerische Aussagen heutzutage ins Netz gelangen und die Social Media mit wildesten Verschwörungstheorien geflutet werden, wohl eher nein.
Die Leute blamieren sich, auch ohne dass Borat sie dazu animiert.
Amazon Prime; Komödie
Mit Sacha Baron Cohen, Maria Bakalova, Rudy Giuliani, Mike Pence; Regie: Jason Woliner
Nicht mehr so frisch wie Teil 1 – umso derber ist der Humor
USA 2020, seit 23. Oktober