Im Kino lief mit «Utøya 22. Juli» jüngst ein Film über das Massaker von 2011 auf der Insel Utøya. Der Norweger Erik Poppe fokussierte auf die Jugendlichen und zeigte den rechtsradikalen Terroristen Breivik nicht.
Von Dokudrama-Experte Paul Greengrass («United 96») kommt nun ein neuer Film – Breivik inklusive. Der erste Teil handelt davon, wie Breivik (Anders Danielsen Lie) in Oslo Bomben zündet und auf Utøya kaltblütig 69 Menschen erschiesst. Danach widmet sich «22. Juli» der Gerichtsverhandlung gegen Anders Breivik, seinem im moralischen Dilemma sitzenden Verteidiger und einem jungen Überlebenden. Das ist konventioneller als beim vorherigen Film; und der Umstand, dass die norwegischen Schauspieler ein gebrochenes Englisch reden müssen, untergräbt den angestrebten Realismus.
Breiviks Schreckenstat geht aber auch in dieser Version an die Nieren, und wenn man dessen aufgewühlte Mutter sagen hört, politisch habe der Sohn vielleicht doch recht gehabt, werden Diskussionspunkte über den Nährboden des rechten Terrors aufgeworfen. Die Frage bleibt: Braucht es das? Indem «Utøya 22. Juli» Breivik nicht zeigte, liess sich der Vorwurf umschiffen, einem Mörder ungewollt eine Plattform zu bieten. Bei «22. Juli» indes hängt das im Raum, auch wenn Greengrass für Breivik keinerlei Sympathien weckt. Beim norwegischen Film haben die Zuschauer bereits gesprochen: In der Deutschschweiz lockte er nur wenige hundert Zuschauer an. Für Netflix ist zu hoffen, dass ihr Film mehr Erfolg hat.
Drama, USA/N/ISL 2018; bei Netflix