Geht es um Filmmusik, dreht sich eigentlich alles um drei grosse Namen: Ennio Morricone, John Williams und Hans Zimmer. Seit Morricones Tod im Jahr 2020 ist Zimmer neben Williams der gefragteste Filmkomponist der heutigen Zeit. Er hat die Filmmusik neu definiert und neue Techniken entwickelt, die einen Sound hervorbrachten, der Generationen von Filmkomponisten und Regisseuren beeinflusste.
Dass der gebürtige Frankfurter mit seinem Schaffen zwei Oscars, drei Grammys und drei Golden Globes einheimsen würde, hätte früher kaum wer für möglich gehalten. Klein Hänschen genoss in seinem Leben nämlich gerade mal zwei Wochen Musikunterricht. Sein Lehrer warf sogar mal einen Stuhl nach ihm, weil der Bengel nicht die gebotene Disziplin an den Tag legte. Aus acht Schulen flog er hochkant.
Klavier spielte Hans nur, um seine Mutter zu beglücken. Bis er irgendwann merkte, dass er selbst auch Gefallen daran fand. Also zog die früh verwitwete Frau mit ihrem Sohn nach England, wo sie eine fortschrittliche Schule fand, in der er sich ganz auf die Musik konzentrieren konnte. Und stellte damit die Weichen für eine Karriere, die Zimmer mit Soundtracks zu Filmen wie «Der König der Löwen», «Dune», «Gladiator» und «Inception» unsterblich machen würde.
«Es ist so einfach. Und je einfacher es ist, desto mehr Angst habe ich, dass ich auffliege.»
Hans Zimmer
Zimmers rebellische Ader zeigte sich erneut 1994, als er die Musik zu «The Lion King» schrieb: Bei einer Szene ignorierte er die Anweisungen komplett und zimmerte nach eigenem Gutdünken etwas zusammen. Statt ihn zu feuern, womit der Komponist fest rechnete, beschlossen die Studiobosse, die ganze Szene neu zeichnen zu lassen. So begeistert waren sie von der Partitur.
Mit einer minimalen Anzahl von Tönen gelingt es ihm, komplexe, treibende Themen zu schaffen. Die Klavier- und Orgelkompositionen im Sci-Fi-Film «Interstellar» zeigen das exemplarisch. Kaum zu glauben, dass Zimmer die Musik dazu schrieb, ohne die Story zu kennen. Oder das Genre. Regisseur Christopher Nolan verriet ihm lediglich die Emotionen und den Kerngedanken der Geschichte.
Die BBC-Dokumentation «Der Komponist Hollywoods» erzählt, wie sich Hans Zimmer vom Frankfurter Bub im Nachkriegsdeutschland zum oscarprämierten Hollywoodkönig mauserte. Der Film ist kurz und kurzweilig und verschafft einen sehenswerten Überblick über die Stationen seiner Karriere.
«Es ist so einfach», kommentiert Hans Zimmer seine Arbeit. «Und je einfacher es ist, desto mehr Angst habe ich, dass ich auffliege.» So bescheiden gibt er sich. Und doch: Beginnt er erst von seiner Musik zu erzählen, dringt mit grosser Klarheit durch, wie stolz er selbst auf sein Werk ist. Dazu hat der 66-Jährige fürwahr jeden erdenklichen Grund.
Sky Show | Dokumentation
Mit Hans Zimmer, Christopher Nolan, Denis Villeneuve; Regie: Francis Hanly
GB 2022, ab 19. April 2024