In den Anden seit etwa 8000 (!) Jahren angebaut, ist die Kartoffel in Europa ein vergleichsweise junges Lebensmittel. Erst im 16. Jahrhundert «entdeckten» die Spanier während ihrer Eroberung des Inkareiches den Erdapfel und brachten ihn in ihre Heimat. Auch in England und Irland landete die Kartoffel zeitnah auf dem Menüplan.
Mitteleuropa zog im 17. Jahrhundert nach – ausser die Schweiz, wo der Härdöpfel zunächst als Topfpflanze in die Haushalte kam. Erst später schaffte er es auf die helvetischen Teller. Der Rest ist Rösti, pardon: kulinarische Geschichte. Noch länger dauerte es, bis die Kartoffel in Skandinavien kultiviert wurde.
Pionier in Dänemark ist Ludvig von Kahlen (ca. 1700–1774). Sein Werdegang inspirierte Ida Jessen zu ihrem 2020 veröffentlichten Roman «Kaptajnen og Ann Barbara», der (noch) nicht in deutscher Übersetzung vorliegt. Nikolaj Arcel («Die Königin und der Leibarzt») verfilmte nun das Buch unter dem knackigen Originaltitel «Bastarden» (Der Bastard).
Der dänische König hofft seit Jahren auf die Besiedelung der wilden jütischen Heide, als der verarmte Hauptmann Ludvig (Mads Mikkelsen) 1755 um die Erlaubnis bittet, es zu versuchen. Tatsächlich erhält er die Genehmigung, auch wenn die Adligen am Königshof überzeugt sind, dass er scheitert – wie alle anderen vor ihm. Doch Ludvig hat ein Ass im Ärmel. Er hat aus Deutschland Pflanzkartoffeln mitgebracht, die den rauen Bedingungen Jütlands standhalten sollten. Der Weg zum Erfolg erweist sich dennoch als steinig.
Mehr noch als die Natur macht ihm der selbstherrliche Adlige De Schinkel (Simon Bennebjerg) zu schaffen, der die Heide genauso für sich beansprucht wie Ludvigs Magd Ann Barbara (Amanda Collin). Wer hätte gedacht, dass landwirtschaftliche Pionierarbeit derart mitreissend sein kann?
Nikolaj Arcel, der das Skript mit Drehbuch-Genie Anders Thomas Jensen («Helden der Wahrscheinlichkeit») verfasste, lässt das Publikum in der ersten Hälfte hautnah am beschwerlichen Alltag des ersten dänischen Kartoffelbauers teilhaben, ja mit ihm leiden und verzweifeln, ehe er die Knollen seiner Arbeit ernten kann. In der zweiten Hälfte verlagert sich der Fokus auf den Konflikt zwischen Ludvig und De Schinkel. Der Adlige erweist sich als so bösartiger wie skrupelloser Sadist: Er foltert Männer genüsslich zu Tode und vergewaltigt Frauen nach Lust und Laune.
Dabei entfaltet Arcel eine bedrohliche Atmosphäre und erschreckende Intensität, die Inquisitions-Klassikern wie «Der Hexenjäger» (1968) in nichts nachstehen und dem Ganzen regelrecht Horror-Flair verleihen – bis zur blutigen Eskalation beim Finale. Somit vereint «King’s Land» Siedler-Western, Machtmissbrauchsdrama und Rachethriller zum fulminanten Filmerlebnis vor historischer Kulisse.
Historiendrama
Mit Mads Mikkelsen
DK/N/S/D 2023, jetzt im Kino