Warum hat Hitler die Schweiz nicht angegriffen? Spielte dabei eine Rolle, dass die Schweiz als Hort des Geldes für Nazi-Deutschland zu wichtig war? Dass einzelne Regierungsmitglieder zumindest stillschweigend mit dem Dritten Reich sympathisierten, ist unbestritten.
Um die Frage von Mitschuld und Kollaboration durch Schweigen geht es im Schweizer Film «A Forgotten Man». Er beginnt im Mai 1945, Hitler ist tot und der Schweizer Botschafter Heinrich Zwygart (Michael Neuenschwander) kehrt nach 7 Jahren aus Berlin in die Schweiz zu seiner Familie zurück.
Er hat Ambitionen für den Bundesrat, doch der Wind hat gedreht. Plötzlich steht seine Rolle in Nazideutschland in der Kritik. Er wird von Freunden fallengelassen, obwohl er ja nur die offizielle Position vertreten hat. Zwygart verliert den Boden unter den Füssen, zumal er von Albträumen des Hitler-Attentäters Maurice Bavaud heimgesucht wird, dem er vor seiner Hinrichtung jede Hilfe verweigerte.
«A Forgotten Man» ist ein dichtes Schwarzweissdrama über die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg, über Schuld und Sühne, adaptiert nach dem Theaterstück «Der Gesandte» (1991) von Thomas Hürlimann. Als Vorbild diente Botschafter Hans Frölicher (1887–1961), der später in den Memoiren eingestand, zu viele Kompromisse eingegangen zu sein.
Die historischen Hintergründe bleiben etwas schematisch, und die Albträume sind etwas repetitiv eingestreut. Der Film des Genfers Laurent Nègre ist aber ein stimmiges Drama, auch dank dem tollen Spiel des Berners Michael Neuenschwander (60, «Der Goalie bin ig»), Ensemblemitglied am Schauspielhaus Zürich.
Drama
Mit Michael Neuenschwander, Manuela Biedermann, Sabine Timoteo
CH/GB 2022, ab 30. März im Kino