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Kino – «Lee»

Horrorbilder des Krieges

Kate Winslet spielt im Biopic «Lee» die Kriegsreporterin Lee Miller. Wuchtig!

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Lee Miller (Kate Winslet) dokumentierte das Grauen des Holocaust.

Lee Miller (Kate Winslet) dokumentierte das Grauen des Holocaust.

Universal Pictures
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Antonio Gattoni

Vom Fotomodell zur Kriegsfotografin: Der Werdegang der US-Amerikanerin Lee Miller (1907–1977) ist einzigartig, ein Beispiel früher Emanzipation. Schon deshalb ist ihr Leben prädestiniert für eine Verfilmung. Das fand auch Kate Winslet (49), die den Film produzierte und die Hauptrolle spielte. Allein wie Lee Miller zum «Vogue»-Modell wurde, ist eine verrückte Anekdote. Sie studiert 1926 an der Art Students League Bühnenbild, als sie in Manhattan fast unter ein Auto gerät. Ein Mann reisst sie in letzter Sekunde weg. Der Mann ist Condé Nast, Verleger des Modemagazins «Vogue». Prompt engagiert er sie als Model, und Miller wird schnell berühmt.

1929 reist sie nach Paris, wird die Muse des Surrealisten Man Ray, der sie in mehreren Kunstfotos verewigt. Doch Lee will selbst hinter die Kamera, ist bald als Modefotografin gefragt. 1937 reist sie erneut nach Paris – und hier setzt der Film ein.

Im Bohème-Zirkel um den Poeten Paul Eluard lernt sie den Künstler Roland Penrose kennen, mit dem sie nach London zieht. Dort schiesst sie für «Vogue» Bilder vom Blitzbombardement der Nazis auf London. 1942 begleitet sie als Kriegsreporterin die britische Truppe bei der Invasion der Normandie. Sie hat aber mit Benachteiligungen zu kämpfen, da es unter den Kriegsreportern kaum Frauen gibt. Mit dem «Life»-Fotografen David Scherman reist sie ins zerbombte Deutschland. Berühmt wurde etwa ihr Selbstbild in der Badewanne von Hitlers Wohnung am Prinzregentenplatz in München.

Als die Alliierten das KZ Buchenwald erreichen, ist sie eine der Ersten, die den Horror mit Fotos dokumentieren. Bilder, die sie nicht mehr loslassen und in eine Depression stürzen. Später nimmt sie nur noch sporadisch Aufträge an und lebt zurückgezogen in einem Farmhouse in Chiddingly (Sussex).

«Lee» ist ein subtiles, ernstes Porträt, das nur eine kurze Phase im Leben von Miller abbildet. Ihre Karriere als Fotomodell und ihr Bohème-Leben mit Künstlern kommen im Film kaum vor, was wie das Weglassen der Leichtigkeit anmutet. Ellen Kuras konzentriert sich bei ihrem Regiedebüt auf Millers Erlebnisse als Kriegsreporterin, auf ihre Entwicklung vom sorglosen Model zur moralisch engagierten Frau. Einer Frau, die sich in einer Männerdomäne durchsetzen und die Gräuel des Krieges verarbeiten muss. Visuell wirkt das oft etwas statisch, weil der Film versucht, bekannte Fotos nachzustellen, etwa das Bild von fünf Frauen in Uniform. Die Beziehung zu ihrem Mann ist dagegen eher unterbelichtet, haften bleiben vor allem Szenen wie jene, in der Miller einen Güterwagen voller ausgemergelter Leichen vorfindet.

Das Biopic ist eine One-Woman-Show für Kate Winslet. Der «Titanic»-Star porträtiert Miller kantig und eigensinnig, mit Feuer in den Augen. Die Engländerin hatte nach einer Reihe von eindrücklichen Filmen wie «Der Vorleser» (Oscar) eine ruhige Phase, bis sie als abgehalfterte Ermittlerin mit der Krimiserie «Mare of Easttown» auftrumpfte. Für «Lee» dürfte es ihre achte Oscarnomination geben.

Lee

Biographie

Mit Kate Winslet, Alexander Skarsgard, Andy Samberg

USA 2024, ab 17. Oktober 2024 im Kino

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Von Antonio Gattoni am 16. Oktober 2024 - 15:04 Uhr