Ohne Gehhilfe ist er hilflos wie ein Wal, der an Land gespült wurde. Englischlehrer Charlie ist 270 kg schwer und frisst sich buchstäblich zu Tode.
Brendan Fraser (54), selbst nicht gerade ein Spränzel, spielt den massiv übergewichtigen Mann mit Haut und Haar – genau genommen mit einem Fatsuit. Sich die Kilos anzufressen wie Robert De Niro für «Wie ein wilder Stier» wäre in diesem Fall lebensgefährlich gewesen.
Für Fraser, der nach einem kurzen Hoch mit «Die Mumie» auf TV-Rollen reduziert wurde und an Depressionen litt, war diese Extremrolle wie eine Wiedergeburt als Schauspieler – und brachte ihm verdient seinen ersten Oscar.
Sein Charlie ist eine dieser Figuren, die nach einem verpfuschten Leben Vergebung suchen. Gestrandet in der Wohnung, gibt er Online-Kurse in Creative Writing, mit ausgeschalteter Kamera.
Seine einzige Hilfe ist Liz (Hong Chau). Sie drängt ihn, zum Arzt zu gehen, doch «Moby Dick»-Fan Charlie lässt sich fatalistisch gehen, bis zum Ende. Vorher will er sich noch mit seiner Tochter versöhnen, die er vor Jahren letztmals sah.
Samuel D. Hunter hat mit «The Whale» sein eigenes Theaterstück adaptiert. Provokateur Darren Aronofsky («Mother!») inszeniert den Film als morbides, schwer verdauliches Kammerspiel, das streckenweise konstruiert wirkt: Einige Figuren treten wie auf Kommando auf, die Szene mit einer Fressorgie ist so demonstrativ schmuddelig, dass Charlie ausgestellt wirkt wie ein Zootier, und das moralisierende Ende ist ärgerlich. Dennoch gibt Fraser dem übergewichtigen Charlie eine grosse Würde.
Fraser trägt, wie andere auch schon (siehe Slideshow oben), einen Fatsuit. Das ist ein Ganzkörperanzug, der mit Schaumstoff oder Kunstoffgranulat gefüllt ist. Neuere Modelle sehen fast wie echte Haut aus. Das Anbringen der Anzüge ist eine mühsame Prozedur und kann bis zu 4 Stunden dauern.
Sich künstlich dick zu machen, steht allerdings heute in der Kritik, gilt als politisch unkorrekt. Übergewichtige sollen sich selber spielen. Brendan Fraser entgegnete, ein Fatsuit sei ja nur eine Art spezielles Make-up. Und als Schauspieler gehe es schliesslich darum, jemand anderes zu spielen. Solange dies glaubwürdig ist wie in «The Whale», spricht wenig dagegen.
Drama
Mit Brendan Fraser, Hong Chau, Sadie Sink
USA 2022, ab 16. März im Kino