Von Krimis sind wir gewöhnt, dass der Täter am Ende gefasst wird. Handschellen, Klick, Prozess, Knast. Und wir Zuschauer gehen mit der Gewissheit schlafen, dass Verbrechen sich nicht lohnen, dass die Gerechtigkeit siegt.
Die Realität sieht aber oft anders aus. Liegen keine Beweise vor, keine DNA, bleibt ein Fall ungelöst. Ein Cold Case.
Um einen besonders grausamen Mord geht es in «La nuit du 12». Am 12. Oktober 2016 verlässt die junge Clara (Lula Cotton-Frapier) in der Nähe von Grenoble nachts eine Party. Plötzlich steht ein Mann vor ihr, übergiesst sie mit Benzin, zündet sie an. Clara geht in Flammen auf und stirbt.
Dominik Molls Film basiert auf einem wahren Fall, beleuchtet akribisch die zähe Ermittlungsarbeit. Der ehrgeizige Polizist Yohan (Bastien Bouillon) leitet diese und stösst bald auf Verdächtige. Clara hatte Kontakt zu zwielichtigen Typen – darunter ein vorbestrafter Schläger oder ein Rapper, der frauenfeindliche Texte reimt. Doch es fehlen die Beweise.
«La nuit du 12» ist realistischer als die meisten Krimis. So wird es Yohan fast schlecht, als er der Mutter der Getöteten die traurige Nachricht überbringt. Der Fall lässt ihn kaum mehr los, dringt tief in seine Seele.
Dominik Moll («Harry meint es gut mit dir») und sein Drehbuchautor Gilles Marchand thematisieren auch die erschreckende Gleichgültigkeit der Männer, mit denen Clara zu tun hatte. Am Ende wird der Täter nicht gefasst, was frustrierend ist, aber den Tatsachen entspricht.
Und wie bei David Finchers «Zodiac» zu heftigen Diskussionen führen wird.
Thriller
Mit Lula Cotton-Frapier, Bastien Bouillon
F/B 2023, ab 18. Mai 2023 im Kino