Weisser Rauch steigt aus dem Schornstein, als hätte jemand etwas Giftiges verbrannt. Doch es ist Gott, für den hier gezeuselt wird. Der Rauch signalisiert: Der alte Papst ist im Himmel (oder auch nicht) und ein neuer bald auf dem Heiligen Stuhl. Für die Papstwahl, auch Konklave genannt, reisen alle Kardinäle unter 80 in den Vatikan. In der Sixtinischen Kapelle deliberieren sie, bis sie sich mit Zweidrittelmehrheit auf einen neuen Papst einigen können. Das bisher längste Konklave dauerte ganze 1005 Tage, bei der Wahl Gregor X. anno 1241. Eigentlich bietet ein solches Aussitzen und Abwägen innerhalb einer Gruppe die perfekte Ausgangslage für einen Krimi im Stil von Agatha Christie. Nur fehlen hier der Mord und Hercule Poirot.
In «Conclave» nutzt Edward Berger diese Gruppendynamik und schafft daraus ein Kammerspiel über die Konflikte innerhalb der katholischen Kirche: den Zwiespalt zwischen konservativer Tradition und progressiven Ansätzen wie einem liberaleren Umgang mit Verhütung oder einer stärkeren Einbindung der Frau. Tätschmeister ist Dekan Lawrence (Ralph Fiennes), der nach dem Tod des Papstes die schwierige Aufgabe hat, das Konklave zu führen, ohne dass Informationen nach draussen dringen. Schon bald zeichnen sich unter den Favoriten für den Papststuhl zwei Strömungen ab: Da ist einerseits der bigotte Italiener Tedesco (Sergio Castellitto), der für die Rückkehr zu alten Traditionen steht und sogar Latein wieder einführen will.
Auf der anderen Seite der liberale US-Kardinal Bellini (Stanley Tucci), der für die gleichgeschlechtliche Ehe ist. Daneben sind aber auch der machtgierige Tremblay, der Nigerianer Adeyemi und ein neuer Kardinal aus Afghanistan im Gespräch. Als die Abstimmungsrunden per Zettel beginnen, erfährt Lawrence Dinge über einzelne Kandidaten, die ihn zwingen, die Neutralität seiner Rolle zu überdenken. Immer mehr machen sich Intrigen und Machtansprüche in der Runde breit. Wer aber darf auf dem Heiligen Stuhl Platz nehmen?
«Conclave» basiert originalgetreu auf Robert Harris’ («Vaterland») Bestseller von 2016. Der Deutsche Edward Berger, der 2023 den Oscar für «Im Westen nichts Neues» holte, inszeniert den Vatikan-Thriller hochspannend mit präzisen Tableaus. Bilder, die die Rituale im Vatikan und die hohen sakralen Räume (Drehort: Cinecittà) eindrucksvoll zelebrieren. Die Machtspiele hinter verschlossenen Türen spiegeln die inneren Konflikte der katholischen Kirche im Ringen um Modernisierung wider.
Der Schlusstwist zielt provokativ in diese Richtung, wirkt aber etwas aufgesetzt. Auch die Nebenstory um einem Terroranschlag in Rom passt nicht zum Rest. Die exzellente Schauspielerriege vermag dies aber aufzuwiegen – allen voran Ralph Fiennes als geforderter Dekan. Fürwahr keine Qual, diese Papstwahl!
Thriller
Mit Ralph Fiennes, Stanley Tucci, John Lithgow
USA 2024, ab 28. November 2024 im Kino